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Berlin: Gerüstbauer muss zahlen

Unfall beim Karneval der Kulturen 2003: Gericht verurteilt Unternehmer zu 15 000 Euro Buße

Das Wetter spielte mit. Den ganzen Tag lang hatte die Sonne dem Karneval der Kulturen 2003 geschienen. Am Abend aber braute sich ein Unwetter zusammen. Es wurde schwarz am Himmel. Sturmböen zogen an jenem Pfingstsonntag über die Festbesucher hinweg. Am Eingangstor des Karneval-Geländes in der Kreuzberger Blücherstraße verfing sich der Wind in den Planen. Um 21.03 Uhr stürzte das tonnenschwere Gerüst zusammen. Drei Menschen wurden schwer verletzt.

War es die Schuld eines Gerüstbau-Unternehmers, die zu dem furchtbaren Unglück führte? Gestern wurde der Fall vor dem Amtsgericht Tiergarten aufgerollt. Auf der Anklagebank saß Gerüstbauer Uwe T., der damals mit seiner Arbeit zugleich Sponsor des Festes war. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass er versäumt hatte, für eine ausreichende Festigkeit der Konstruktion zu sorgen. Er soll als verantwortlicher Gerüstbauer bei der Planung und Errichtung des „Südamerika-Tores“ übersehen haben, dass es aufgrund der vorgesehenen Verkleidung nicht ausreichend gesichert war.

Sichtlich bedrückt saß der 49-jährige T. auf der Anklagebank. „Ich kann mir das Unglück nicht erklären“, sagte der Chef der Gerüstbau-Firma. Es sei schrecklich, was passiert sei. Bereits seit 2001 habe er für das Fest solche Konstruktionen gebaut. Eine, die mit dem „Südamerika-Tür“ vergleichbar sei, habe er von einem Statiker berechnen lassen. Doch die Zahlen bezogen sich auf ein nicht verkleidetes Gerüst. Das Unglücks-Tor aber wurde von einer Künstlergruppe mit Planen und Kunststoffvögeln dekoriert. Der Angeklagte sagte, dass er davon nichts gewusst habe.

Bei zwei anderen Toren sorgte Uwe T. für den nötigen Ballast. Große Tanks mit Wasser ließ er anfahren. Bei den Absprachen zum „Südamerika-Tor“ aber gab es offenbar Kommunikationsprobleme. Welche Unterlagen dem Gerüstbauer im Vorfeld seiner Arbeit konkret vorlagen, blieb in der mehrstündigen Verhandlung unklar. Für den Staatsanwalt stand zwar weiter fest, dass Uwe T. mitverantwortlich ist für das Unglück. Dennoch regte er eine Einstellung des Verfahrens an.

Der Vorschlag fand Gehör: Gegen Zahlungen von jeweils 5000 Euro an die drei damals schwer Verletzten wurde das Verfahren eingestellt. Die Opfer – ein junges Ehepaar aus Neukölln und eine 46-jährige Frau aus Charlottenburg – lagen wochenlang in Kliniken. Sie leiden bis heute unter den Folgen ihrer schweren Verletzungen. Die Summe, die der Gerüstbauer zahlen muss, erscheint ihnen „beschämend gering“.

Kerstin Gehrke

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