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Berlin: "Geschenk an die Erde": Ein Platz für Mensch, Tier und Pflanze

Die Liebe zur Natur spürt man bei Hanka Fiedler im Detail. "Die Bienen möchte ich aber nicht verscheuchen", sagt die 55-Jährige, als der Fotograf sie bittet, etwas dichter an den Busch zu treten.

Die Liebe zur Natur spürt man bei Hanka Fiedler im Detail. "Die Bienen möchte ich aber nicht verscheuchen", sagt die 55-Jährige, als der Fotograf sie bittet, etwas dichter an den Busch zu treten. Dass im Hof an der Berliner Straße 84 Sommerflieder blüht, ein Bach über Steine plätschert und man am Teich Libellen, Frösche und Fische beobachten kann, ist auch der Zehlendorferin zu verdanken. Für ihr langjähriges Engagement für und mit Nachbarn aus der ökologischen Modellsiedlung hat Hanka Fiedler einen der beiden ersten Preise im Leserwettbewerb "Geschenk an die Erde" des Tagesspiegels sowie des Word Wide Fund for Nature (WWF) errungen und eine Reise auf einem Forschungsschiff in die Arktis gewonnen.

Doch auch Ulrich Grimm von der Freien Universität Berlin beeindruckte die Jury mit seinem Einsatz. In nunmehr 20 Jahren hat der Umweltschützer aus einem "der tristen betonierten Innenhöfe unseres Institutsneubaus" ein einzigartiges Biotop geschaffen. "Das alles ging langsam voran", erinnert sich der Angestellte am Fachbereich Physik an den Anfang seiner Aktionen. Zunächst entfernte er die Boden-Betonplatten mit Hilfe zweier Studenten. Später konnte er die Institutshandwerker begeistern.

So ließen sich in einem neu geschaffenen Teich Wildbienen und Hummeln, Schmetterlinge und Libellen nieder - und Wasserminze, Sumpfdotterblume, Huflattich und Schilf sprossen in die Höhe. "Im siebten Jahr der Hofumgestaltung spendierten mir Handwerker solide und rustikale Holzbänke samt passendem Tisch. Die Ecke wird von Studenten gern zum Arbeiten und Entspannen genutzt." Über 60 Gehölze und Bäume hat Ulrich Grimm inzwischen gepflanzt. Ein Einsatz, den auch der Pressesprecher des WWF in Deutschland, Jörn Ehlers, beeindruckte. Der Wettbewerbssieger erhielt als Anerkennung einen Gutschein für ein Fahrrad.

Auch Preisträgerin Hanka Fiedler demonstriert mit ihrem Einsatz, wieviel man mit eigenem Engagement auf die Beine stellen kann - und zugleich andere mitreißt. "Als glückliche Bewohnerin der Ökosiedlung habe ich einige Möglichkeiten und Chancen, der Erde ein Geschenk zu machen", hatte die langjährige Sozialarbeiterin in der Flüchtlingshilfe des Deutschen Roten Kreuzes in ihrer Bewerbung geschrieben. "Hier erfülle ich mir einen Traum - Ökologie mit Kindern", schwärmt die 55-Jährige in der gemütlichen Wohnung voll Pflanzen, Fotos und Reisesouvenirs, in der sie mit ihrem Mann und dem 23-jährigen Sohn Tobias lebt. Vom Schlafzimmer aus kann man den Brunnen unten plätschern hören. Er wird gespeist aus Regenwasser, das durch den natürlichen Filter aus Kies und Schilf bis hinunter in den Teich fließt - und schließlich per Solar- und Windenergie wieder hinaufgepumpt wird.

Gemeinsam mit Nachbarn hat Frau Fiedler Nistkästen angelegt und Benjes-Schutzhecken am Teich gebaut. Doch nicht allein, und nicht zum Selbstzweck. So bezieht die Zehlendorferin Kinder wie Philipp und Britta, Lars und Lennart mit ein. Sie säubern den Flusslauf von Steinen oder können im Jugendgarten selbst Kräuter ernten. Mit Lehrern der benachbarten Schule entwickelt sie Naturlehrpfade, und auch der Ökosiedlungs-Sozialarbeiter Holger setzt sich beim Schutz des einziartigen Biotops ein. Zwei Beispiele von vielen, die die Redaktion anlässlich des Umweltwettbewerbs erreichten. Doch auch viele andere Leser machten sich Gedanken darüber, wie jeder Einzelne etwas für die Umwelt tun kann. Gerd Bareth ("Jahrgang 1943") beispielsweise berichtete uns davon, dass er beim Spazieren mit Hündin Bella regelmäßig Müll aufhebt und entsorgt. Doris und Peter Kreher aus Kladow verzichten aufs Autofahren. Außerdem errichteten sie eine Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach. Margit und Gert Breuer aus dem Ort Edewecht rechneten vor, wie jeder Wasser einsparen kann. Shahala Ahy Hänska schilderte auf Englisch, wie sie ihren Kindern "die gegenseitige Abhängkeit zwischen Mensch und Natur" vermittelt. Unzählige Brandenburger Öko-Projekte meldeten sich zu Wort - sie wollen wir an anderer Stelle ausführlicher vorstellen.

Einige der "Geschenke an die Erde" bedenken WWF und Tagesspiegel noch mit Trostpreisen wie Büchern aus dem Nicolai Verlag und Umwelt-CD-ROMs. Es sind dies unter anderem Müll-Sammler Gerd Bareth und die rundum ökologisch orientierte Evangelische Kirchengemeinde St. Jacobi-Luisenstadt. Jutta Pricks gebührt ebenfalls Anerkennung: Sie ist "Allwetterradfahrer", Greenpeace-Unterstützerin und betreibt sogar den Geschirrspüler mit Heißwasser der Solaranlage auf dem Dach. Joachim Warzecha soll für seinen unkonventionellen Naturliebhaber-Appell an Laubenpieperfreunde ausgezeichnet werden. Manfred Ely und Birgit Braune wollen Brachflächen begrünen, Joachim und Roswitha Meier sind Kompost-Fans. Karl-Heinz Kestler aus Neukölln überzeugte mit der Idee, "winzige Bäume" aus dem Garten an "Schüler und Schulgärten weiterzugeben".

Last but not least wird die Klasse der Grundschule am Birkenhain belohnt, die zur Sylt-Klassenfahrt Mülltüten mitnimmt, die Goethe-Schule, die den Schulhof entsiegelt Regina Rossbach, 13 Jahre jung, für die Gedanken, die sie zu Papier brachte: "Mit vielen kleinen Geschenken am Tag versuche ich, die Natur zu retten, und wenn das jeder täte, würde es vielleicht klappen. Und das wäre das schönste und größte Geschenk."

Annette Kögel

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