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Berlin: Geschickter Griff in Brüsseler Fördertöpfe

Die Gesichter aus Stuck, die die vier Elemente symbolisieren, blicken einträchtig von dem alten Umspannwerk auf die Palisadenstraße hinunter. Doch die Harmonie täuscht: Um das Haus mit der Nummer 48 ist ein handfester Streit entbrannt.

Die Gesichter aus Stuck, die die vier Elemente symbolisieren, blicken einträchtig von dem alten Umspannwerk auf die Palisadenstraße hinunter. Doch die Harmonie täuscht: Um das Haus mit der Nummer 48 ist ein handfester Streit entbrannt. Während die Eigentümer des zum Kultur- und Bürohaus umgestalteten Baudenkmals, das Ende April eröffnet wurde und jetzt "Palisa.de" heißt, das Projekt als gelungenes Beispiel einer "Public-Private-Partnership" sehen, vermuten Kritiker die "Privatisierung öffentlicher Gelder."

Zu ihnen gehört der grüne Bezirksverordnete Lars Liepe. Seine Anfragen an Baustadträtin Martina Albinus-Kloss (parteilos, für PDS) in der Bezirksverordnetenversammlung haben mittlerweile fast rituelle Züge angenommen: Sie verliest ihre Antworten mit kühler Überlegenheit, Liepe hakt in provozierendem Ton nach. Ergebnisse, die auch die Staatsanwaltschaft interessieren könnten, haben seine Bemühungen bislang aber nicht gebracht.

Im Mittelpunkt seiner Nachforschungen steht die Kirchbauhof GmbH und deren Geschäftsführer Matthias Roß. Für 1,5 Millionen Mark kaufte Roß das Umspannwerk im Jahr 1996 gemeinsam mit zwei Architekten. Der Hintergrund: Kirchbauhof hat als gemeinnützige GmbH kein entsprechendes Kaufkapital zur Verfügung. Sein privates Engagement sei deswegen für die Umsetzung des Kulturkonzepts unverzichtbar gewesen, "auch wenn ich auch ein anderes Haus hätte kaufen können." Kritiker Liepe sieht das anders: Der Treuhand hätten sechs Kaufanträge vorgelegen - von der Schwierigkeit, Investoren zu finden, könne keine Rede sein.

In der Folge wurde das Gebäude Teil der "Strategien für Friedrichshain", die ebenfalls Kirchbauhof entwickelte, und auch EU-Förderanträge bereitete die Firma für das Bezirksamt vor. Über eine Million Mark flossen schließlich aus Brüssel in das private Kulturhaus, und das Arbeitsamt vermittelte ABM-Kräfte. Für die Vermutung, Roß habe von Kirchbauhof beantragte ABM-Kräfte geschickt zur Sanierung seiner eigenen Immobilie eingesetzt, gibt es aber keine Anhaltspunkte.

Nach Darstellung der Eigentümer sind die Fördermittel nicht an Kirchbauhof direkt, sondern an einen eigens gegründeten Verein geflossen. Er erhielt einen Teil der Räume für zunächst zehn Jahre zu einer niedrigen Miete. Dafür musste er das Kulturprogramm organisieren und die eigenen Räume herrichten. Für diese Renovierung gab es dann das EU-Geld. Laut Vereinsregister war Matthias Roß zwar Gründungsmitglied des Kulturvereins, zog sich aber nach eigenen Angaben Anfang 1998 zurück, "als die Gelder flossen." Ehrenamtlicher Vorsitzender ist jetzt allerdings ein Kirchbauhof-Angestellter, der die "Strategien für Friedrichshain" mitentwickelt hat. Dies sei kein Verstoß gegen Förderrichtlinien, sagt der Grünen-Politiker Liepe. "Ich sehe darin aber ein moralisches Problem." Nun will er seine Parteifreunde in Brüssel auf die Vorgänge aufmerksam machen.

Johannes Metzler

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