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Viele Berliner Bäder sind noch immer trockengelegt. Es gibt zu wenig Personal und zu wenige flexible Arbeitszeiten.

© Paul Zinken/dpa

Geschlossene Freibäder in Berlin: "Es ist selbstverschuldetes Unglück der Bäderbetriebe"

Viele Freibäder sind dicht, die Berliner sauer. Der Betreiber schiebt es auf den Öffentlichen Dienst. Falsch, sagt Verdi-Sekretär Dieter Korte im Interview, es ginge anders.

Nur 17 von 27 Freibädern sind in diesen heißen Sommertagen offen. Erst am kommenden Sonnabend öffnen weitere zehn. Viele Gäste standen am Wochenende vor verschlossenen Toren. Und wer ein offenes Freibad fand, musste um Punkt 18 Uhr wieder draußen sein. Sind die Bademeister Arbeitsverweigerer?

Die Berliner sind sauer, es ist heiß, sie wollen Schwimmen, aber fast jedes zweite Bad ist dicht. Die Regeln im Öffentlichen Dienst sind schuld, sagen die Bäderbetriebe. Sind Sie als Verhandlungsführer so stur, Herr Korte?

Nein, es ist selbstverschuldetes Unglück der Bäderbetriebe. Sie haben Dienstpläne eingereicht, die gegen Gesetze verstoßen. Deshalb lehnt der Personalrat in den letzten Jahren fast jeden Dienstplan ab. Zum Beispiel, weil nur ein Bademeister pro Schicht eingetragen war. Kein Mensch kann acht Stunden ohne Pause durcharbeiten. Deshalb machen einige die Bäder erst gar nicht auf.

Alle müssen heute hart arbeiten. Ist das Besitzstandswahrung?

Nein, wer ein Bad ohne Mindestbesetzung aus zwei Fachangestellten öffnet, spielt mit der Gesundheit der Badegäste. Jeder Mensch muss in acht Stunden mal auf Toilette – und er ist sogar gesetzlich dazu verpflichtet, Pausen einzuhalten. Manchmal streikt die Technik oder eine Wartungsarbeit muss durchgeführt werden. Das macht die Stammbesetzung nebenbei, weil es nur noch wenig Techniker gibt. Wenn nur ein Bademeister im Einsatz ist und der weg ist, sind die Becken ohne Aufsicht. Wenn etwas passiert, ist der Badleiter oder der Schichtführer der Dumme.

Den Bäderbetrieben ist das egal?

Nein, der Arbeitgeber sieht das allmählich ein. Zumal sie wegen solcher Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz im vergangenen Jahr vom Landesamt für Arbeitsschutz auf den Deckel bekommen haben. Deshalb schließen kleine Bäder komplett oder öffnen nur noch für Vereine. Da reicht ein Bademeister, die zweite Aufsichtsperson ist dann der Lehrer oder der Trainer. Allerdings ist auch das nicht ungefährlich, wenn der Lehrer oder die Erzieherin keinen Rettungsschein hat.

Dieter Korte ist bei Verdi zuständig für die Bäderbetriebe und führt die Verhandlungen über Tarifverträge.
Dieter Korte ist bei Verdi zuständig für die Bäderbetriebe und führt die Verhandlungen über Tarifverträge.

© privat

Früher öffneten die Bäder zeitiger im Jahr und blieben bei Hitze auch mal bis 20 Uhr offen. Warum geht das nicht mehr?

Das geht schon und wäre auch in diesem Jahr möglich. Aber die Bäderbetriebe wollten ja lange keinen Sommertarifvertrag mehr. Zuletzt hatten wir ihnen dazu im Dezember Verhandlungen angeboten. Ende April haben sie endlich für drei Bäder einem Testlauf zugestimmt und eine einschlägige Dienstvereinbarung unterschrieben. Der dazugehörige Tarifvertrag ist noch in Verhandlung. Da brauchen die Bäderbetriebe keine Dienstpläne mehr, da kann schneller und flexibler von den Dienstplänen abgewichen werden. Wenn das Wetter schön ist, können die Bäder spontan länger offen bleiben. Dafür bekommen die Mitarbeiter dann eine Art Zulage und es werden Arbeitszeitkonten angelegt. Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter würden mitziehen.

Aber das kostet. Sind Sie gierig?

Bei einem Anfangsgehalt von 2249 Euro brutto für einen Ausbildungsberuf als Fachangestellter für Bäderbetriebe kann davon keine Rede sein. Wegen der geringen Bezahlung klagen die Bäderbetriebe ja selber darüber, dass sie kein Personal bekommen. Mit dem Geld kommt auch keiner von außen, weil davon die teuren Mieten in Berlin nicht zu bezahlen sind. Und eigenen Nachwuchs bilden die Bäderbetriebe auch wegen des Personalmangels kaum noch aus, wer soll die Leute denn betreuen? Das ist der Preis des Sparkurses. Die Bäderbetriebe könnten wie andere landeseigene Unternehmen den Tarifvertrag öffnen und bis zu 2600 Euro zum Einstieg bezahlen. Wenn der Aufsichtsrat zustimmt.

Wie viel verdienen Bademeister denn höchstens?

2864 Euro nach 15 Jahren. Nur Schichtführer, Badleiter und Stellvertreter bekommen mehr. Ein Vorteil sind die Schicht- und Wochenendzulagen, aber das kostet eben auch Freizeit.

Da kommt ja schon was zusammen. Wir haben viele Arbeitslose und Geflüchtete, bringt das nicht neue Möglichkeiten?

Die Bäderbetriebe haben schon Berliner mit Migrationshintergrund eingestellt. Allerdings klaffen Selbsteinschätzung und Anforderungen oft auseinander. Sogar Bewerber ohne Schwimmkenntnisse gab es. Die Einstiegsanforderungen sind aber nicht ohne: 100 Meter Zeitschwimmen, einen 100-Kilo-Mann schleppen und über den Beckenrand ziehen, tauchen – auch daran scheitert so mancher.

Dieter Korte ist bei Verdi zuständig für die Bäderbetriebe und führt die Verhandlungen über Tarifverträge. Er fordert eine Sommer-Regelung, diese scheitere bisher an den Bäderbetrieben.

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