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Berlin: Gesellschaft in Finanznöten: 21-stöckigem Haus mit 300 Wohnungen droht Abriss

Rund 16 Prozent Leerstand und die angespannte finanzielle Lage der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn - nicht zuletzt durch ausstehende Mietzahlungen verursacht - könnten ihren Abriss-Preis fordern: Das unsanierte Doppelhochhaus Marchwitzastraße 1-3, in dem 70 Prozent der 300 Wohnungen leer stehen und das die Gesellschaft monatlich 80 000 Mark kostet, ist ein Abriss-Kandidat. Nach Ansicht des Geschäfsführers Wolfgang Dobberke ist der Abbruch irgendwann im Jahr 2002 möglich, dies werde gerade geprüft.

Rund 16 Prozent Leerstand und die angespannte finanzielle Lage der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn - nicht zuletzt durch ausstehende Mietzahlungen verursacht - könnten ihren Abriss-Preis fordern: Das unsanierte Doppelhochhaus Marchwitzastraße 1-3, in dem 70 Prozent der 300 Wohnungen leer stehen und das die Gesellschaft monatlich 80 000 Mark kostet, ist ein Abriss-Kandidat. Nach Ansicht des Geschäfsführers Wolfgang Dobberke ist der Abbruch irgendwann im Jahr 2002 möglich, dies werde gerade geprüft. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder aber betonte gestern, es sei "absolut falsch, eine Abrissdiskussion in Marzahn zu führen". Zum ersten Mal gebe es in Berlin keine Wohnungsnot, und man müsse alles daran setzen, die für Mieter günstige Situation zu erhalten.

Auch Geschäftsführer Dobberke hält nichts von einem Flächenabriss, zumal die Gesellschaft erwartet, dass Marzahn zunehmend zum beliebten Wohnort werden könnte, wenn Mietern in der Stadt die Wohnungen zu teuer werden. Aber über drei unsanierte Hochhäuser mit hohem Leerstand sei man unglücklich. Zwei davon rechneten sich, aber das 21-stöckige Doppelhochhaus an der Marchwitzastraße schreibe rote Zahlen. Die Wohnungsbaugesellschaft Marzahn habe immerhin 1,5 Milliarden Mark Schulden, zudem gebe es mit rund 40 Millionen Mark jährlich erhebliche und schmerzliche Verluste beim Vermieten.

Ein "Riesenproblem" stellten die Mietschulden dar, immer mehr Haushalte zahlten keine Miete oder nicht die verlangte Summe. Das führe zu Ausfällen von jährlich rund zehn Millionen Mark. Viele Mieter bezahlten alles, aber nicht die Miete. Es gebe kräftig Räumungsklagen. Man sei jetzt entschlossen, nach der zweiten nicht eingegangenen Zahlung zu kündigen. Derzeit dauere es bis zu einem Jahr, "Nichtzahler rauszukündigen". Viele Haushalte zögen ein, zahlten ein Mal Miete und dann nichts mehr.

Bei den hohen Leerständen vor allem in den unsanierten Beständen des Siedlungsgebietes - von den 32 000 Plattenbauwohnungen sind rund 20 000 modernisiert - könne man auch keine Mieterhöhungen durchsetzen. Dobberke betonte, dass die städtische Gesellschaft keinesfalls zahlungsunfähig sei, und Gewinn habe das Unternehmen sowieso noch nie gemacht. Man gelte in Marzahn sogar als bester Zahler. "Gegen eine Dramatisierung der Lage" wandte sich auch Stadtentwicklungssenator Strieder. Marzahn werde nach dem Grundsatz der behutsamen Stadterneuerung weiterentwickelt, wie man sie aus dem Altbaubereich kenne. Die DeGeWo werde zunächst Kooperationspartner sein. Als Ratgeber sollten die Gesellschaften Hohenschönhausen, Stadt und Land und GeSoBau fungieren.

Bisher haben die Aufsichtsräte der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn und der DeGeWo beschlossen, dass die Gesellschafteranteile des Landes Berlin an Marzahn an die DeGeWo übergehen sollen. Ein Kaufpreis von 50 Millionen Mark ist im Gespräch. Es soll im Senat auch Überlegungen gegeben haben, die Verluste von Marzahn je zu einem Drittel von den Gesellschaften Hohenschönhausen, Stadt und Land und GeSoBau durch Wohnungsverkäufe auffangen zu lassen. Dies wurde gestern weder von Strieder noch von der Gesellschaft in Marzahn bestätigt. Die DeGeWo prüfe eine Übernahme, die Finanzkraft von Marzahn sei noch abschließend zu bewerten. Zustimmen müssten Finanzbehörde und Parlament.

Viel finanziellen Spielraum haben alle Gesellschaften nicht. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen errechnete inzwischen unter anderem die Restschulden für eigene Wohnbauten der städtischen Gesellschaften je Quadratmeter Wohn-/Nutzfläche: Die Stadt und Land war im vergangenen Jahr mit rund 1102 Mark Spitzenreiter, die DeGeWo war mit 836 Mark im oberen Bereich, Marzahn mit rund 705 Mark im Mittelfeld, die GeSoBau mit 445 Mark noch verhältnismäßig günstig dran. Die WIP in Prenzlauer Berg war mit "nur" 348 Mark Schlusslicht.

C. v. L.

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