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Gesellschaftliches Engagement: Künstlerinnen der Diplomatie

Jeden Monat ziehen neue Botschafter und Mitarbeiter von Konsulaten in die Stadt. Der Klub „Willkommen in Berlin“ empfängt sie.

Gastfreundschaft ist ihre Mission, und die strahlen sie auch ganz persönlich aus: Sonja von Goetze, die Präsidentin des Klubs „Willkommen in Berlin“, ihre Stellvertreterin Linda Mei-Ying Rüdiger und die Öffentlichkeitsarbeiterin des Klubs, Ulrike Lamlé. Sie alle opfern viel Freizeit, um den hier akkreditierten Angehörigen von Diplomaten bei der Orientierung zu helfen. Und sie finden Antworten auf Fragen wie diese: Wo findet man einen Arzt? Wie kann man Kinder gut unterbringen? Und wo kann man was am besten einkaufen?

Das sind einfache, praktische Alltagsangelegenheiten, die jede Diplomatenfamilie regeln muss, wenn sie einen neuen Posten bezieht.

Viel wichtiger ist aber noch die essenzielle Frage: Wie finde ich Freunde und nette Menschen, mit denen ich meinen Interessen nachgehen kann? Am Anfang steht man relativ allein da. Viele sprechen ja auch die Sprache nicht. Der Botschafter und seine Frau werden bei Empfängen herumgereicht, aber in jeder Botschaft gibt es noch viele andere Mitarbeiter, die in unterschiedlichen Ländern jeweils für eine befristete Zeit eingesetzt werden. Auch die sehnen sich danach, nette Gesellschaft zu finden und über die Menschen ein bisschen was von dem Land kennenzulernen, in dem sie drei oder vier Jahre verbringen.

Die Klubmitglieder wissen aus vielerlei Erfahrung, wie schwierig das sein kann, in einem fremden Land Fuß zu fassen, zum Beispiel weil ihre Männer selber Diplomaten sind. Laut Satzung besteht die Hälfte der ortsansässigen Mitglieder des Klubs aus Angehörigen von Beschäftigten des Auswärtigen Amts, die andere Hälfte aus Berliner Freiwilligen, derzeit sind es jeweils 110. Der Klub zählt insgesamt rund 40 Arbeitsgruppen und 500 Mitglieder. Es gibt Begegnungsgruppen, in denen man Deutsch lernen kann oder französische Konversation.

Wer Antiquitäten, Schlösser und Gärten liebt, findet ebenso Gleichgesinnte wie Opern- und Ballettfans. Manche fahren gemeinsam Rad, andere spielen Tennis. Gemeinsame Ausstellungsbesuche, Klubreisen und Vorträge, auch mal von prominenten Berlinern, ergänzen das Programm. Nicht alle Veranstaltungen des als Berliner Diplomatenklub beim Auswärtigen Amt eingetragenen Vereins sind unpolitisch. Sonja von Goetze hat auch die Themen Welternährung und Mikrokredite ins Programm aufgenommen. Kürzlich gab es einen Fahrradausflug zum See, wo gebadet werden sollte. Alle waren überrascht, dass sich selbst arabische Frauen angeschlossen haben. „Wir hatten so viel Spaß dabei.“

Gerade die Frauen vom Vorstand wissen, wie schwer es ist, wenn man in einem anderen Land darauf verzichten muss, selbst einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, wenn man voller Energie steckt. Jede wirkt auf ihre Weise patent und zupackend und kreativ. Ulrike Lamlé ist Hals-Nasen-Ohren-Ärztin von Beruf und hat, als ihr Mann in Peru stationiert war, dort ehrenamtlich Straßenkinder operiert, die unter einer Gaumenspalte litten. Obwohl ihr Mann längst eine andere Aufgabe hat – seit neuestem ist er Protokollchef in Berlin –, kehrt die Mutter von vier Kindern immer noch regelmäßig nach Peru zurück, auch um einheimische Ärzte fortzubilden, damit sie möglichst viele Kinder von der Entstellung befreien können.

Die promovierte Betriebswirtschaftlerin Sonja von Goetze fand bei einem Auslandseinsatz ein Schlupfloch, indem sie eine Ein-Frau-Firma als Consultant für ein deutsches Unternehmen aufmachte. Und Linda Mei-Ying Rüdiger ist ihrem deutschen Mann aus ihrer Heimatstadt Singapur nach Berlin gefolgt, nachdem sie beide dort lange für ein deutsches Unternehmen gearbeitet haben. Ihre beiden Kinder sind inzwischen erwachsen. Statt des Berufs hat die Ökonomin, die unter anderem Chinesisch und Malaiisch spricht, hier das Ehrenamt im Klub übernommen. Alle drei sagen, wie viel ihnen diese Aufgabe gibt. „Es ist gut für die Seele“, sagt Rüdiger. „Nicht alles muss immer Geld bringen“, fügt von Goetze hinzu. Und Ulrike Lamlé sucht sich immer wieder neue Einsatzfelder, obwohl sie in Berlin auch wieder als Ärztin arbeiten kann.

Sie verstehen sich als „Gastgeberinnen für Deutschland“ und bekommen viele lobende Worte von abreisenden Diplomaten. Dass der Klub „einzigartig in der Welt“ sei, wie es gelegentlich gesagt wird, stimmt aber nicht mehr ganz. Denn manche Diplomatenpartner haben, inspiriert von „Willkommen“, damit begonnen, so etwas auch in ihrer eigenen Heimat aufzubauen. Dort werden es dann auch die Angehörigen deutscher Diplomaten künftig leichter haben, Anschluss zu finden und heimisch zu werden.

Informationen und Kontakt im Netz:

www.willkommen-in-berlin.de

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