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Bisher darf die Polizei nur dann Demonstrationen filmen, wenn Krawalle drohen.

© dpa

Gesetzentwurf zu Polizeikameras: Opposition fürchtet um Versammlungsfreiheit

Offenbar ist der von Innensenator Henkel vorgelegte Gesetzentwurf, der der Polizei das Filmen von Demonstranten ermöglichen soll, rechtswidrig. Dies erklären zwei Experten in ihren Gutachten. Nun will ihn die Opposition kippen.

Der von Innensenator Frank Henkel (CDU) vorgelegte Gesetzentwurf, der der Polizei das Filmen von Demonstrationen ermöglichen soll, ist offensichtlich rechtswidrig. Zu diesem Schluss kamen zwei Professoren der Hochschule für Wirtschaft und Recht, die am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses ihre Gutachten vorstellten. Der von den Oppositionsparteien beauftragte Jurist Clemens Arzt kritisierte „gravierende handwerkliche Mängel“, Arzt lehnte das Werk aber auch aus prinzipiellen Erwägungen ab: Auf einer Demonstration habe „Staatsferne“ zu herrschen, wenn die Polizei Übersichtsaufnahmen fertige, werde „die Versammlungsfreiheit auf den Kopf gestellt“. Zwei der vier Paragrafen seien schlicht verfassungswidrig.

Dies sagte auch der von den Koalitionsparteien beauftragte Professor – und Polizeidirektor – Michael Knape. Wenn die beiden Paragrafen ersatzlos gestrichen würden, hätte Berlin jedoch ein taugliches „Gesetz über Übersichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen“. Knape hat als Leiter der Polizeidirektion 6 zahlreiche Großdemonstrationen geleitet.

Wie berichtet, hatte das Berliner Verwaltungsgericht 2010 entschieden, dass die Beobachtung einer Versammlung mittels eines Video-Wagens der Polizei und die Übertragung dieser Bilder eine Rechtsgrundlage brauche. Seit diesem Urteil hat die Polizei auf derartige Gesamtaufnahmen verzichtet. Henkel sagte, dass das Gesetz die Grundlage für erfolgreiche Polizeieinsätze bei „großen und unübersichtlichen Demonstrationen sei.“ Der Innensenator versprach, sich die Stellungnahmen der Gutachter „anzusehen“. Dass die beiden renommierten Versammlungsrechtler das Gesetz verfassungswidrig nannten, kommentierte Henkel nicht.

Die Oppositionsparteien forderten den Senator auf, den Gesetzentwurf zu kippen. „Er schränkt das Versammlungsrecht ein“, sagte Udo Wolf von der Linkspartei. Benedikt Lux (Grüne) sprach von „Kraut und Rüben“.  Die Opposition schloss sich der Meinung des Gutachters Arzt an, dass „Filmen das Gegenteil von Versammlungsfreiheit“ ist.

Knape und Polizeipräsident Klaus Kandt versicherten, dass die Bilder zur Sicherung von großen Demonstrationen benötigt werden, zum Beispiel zur Umleitung des Verkehrs oder um das Zusammentreffen mit Gegendemonstranten zu verhindern. Kandt sagte, dass für Filmaufnahmen aus der Luft keine Drohnen eingesetzt werden, sondern nur Hubschrauber. „Die Polizei muss die Sicherheit aller Demonstranten sicherstellen“, betonte Knape. Empört zeigten sich die beiden Polizisten über Vorwürfe der Opposition, dass die Polizei mit den Aufnahmen vor allem einzelne Demonstranten identifizieren wolle. Knape schlug deshalb vor, in das Gesetz ein ausdrückliches Verbot des Heranzoomens aufzunehmen. Vor allem an die Piratenpartei gewandt sagte Knape: „Die Polizei stürzt sich nicht wie Graf Dracula auf alle Daten.“

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