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Berlin: Gespaltene Behörde

Bezirke wollen für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen nicht noch mehr Verantwortung übernehmen

In den Bezirken gibt es starke Bedenken dagegen, mehr Verantwortung für die Arbeitsmarktpolitik und die Betreuung der Langzeitarbeitslosen zu übernehmen. Nur wenige wollen die Entscheidungsmehrheit bei den von den Bezirken und den Arbeitsagenturen gemeinsam getragenen Job-Centern übernehmen. Dabei hatte das Abgeordnetenhaus im November einstimmig beschlossen, dass den Bezirken die Mehrheit in den Trägerversammlungen übertragen werden soll.

Bisher sind Arbeitsagenturen und Bezirksämter gleichberechtigt vertreten. Zudem haben der Senat und die Regionaldirektion für Arbeit in der vergangenen Woche eine Vereinbarung getroffen, in der die Regionaldirektion die Mehrheit für die Bezirke anbietet. Außerdem wurde dabei geregelt, dass die Geschäftsführer mehr Kompetenzen erhalten, nämlich die Hoheit über die Finanzen und das Personal. Somit können sie jetzt Personalentscheidungen – beispielsweise Versetzungen – selber treffen; vorher waren dafür entweder die Arbeitsagentur oder das Bezirksamt zuständig.

Experten aus den Job-Centern und der Regionaldirektion gehen inzwischen davon aus, dass es noch geraume Zeit dauern wird, bis die neue Organisation umgesetzt wird. „Vor den Wahlen wird es nichts mehr“, glauben Skeptiker. Das Thema Hartz IV sei so unpopulär, dass man sich nicht mit der Hauptzuständigkeit für die Job-Center belasten wolle. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft will sich nicht auf einen Termin festlegen; über die organisatorische Verlagerung muss der Senat entscheiden. Abhängig sei dies auch davon, dass die Software-Probleme in den Job-Centern endlich behoben werden müssten.

Zu den Gegnern zählt der Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Uwe Klett (PDS). In seinem Bezirk habe man gute Erfahrungen mit der paritätischen Besetzung in der gespaltenen Behörde gemacht: „Wir sind voll im Boot.“ Da die Finanzvorgaben vom Bund kämen, wolle er nicht dafür die Verantwortung tragen. „Ich kann nicht verstehen, dass andere Bezirke davor ihre Augen verschließen“, sagte Klett. Dass sich die Arbeitsagenturen durch die Änderung vor der Verantwortung drücken wollten, weist der Sprecher der Regionaldirektion, Olaf Möller, zurück, da die Mehrheit des Bezirks in der Trägerversammlung lediglich bei 51 Prozent liegen solle.

Eine Fürsprecherin für die Stärkung der Bezirke ist die Sozialstadträtin in Charlottenburg-Wilmersdorf, Martina Schmiedhofer (Bündnis 90/Grüne). Die Mehrheit der Menschen, die ins Job-Center kommen, sei ehemalige Sozialamtsklientel, also von den Bezirken betreut worden. Diese könnten aufgrund ihrer Erfahrung mit mehr Augenmaß herangehen. Sie hält es für denkbar, dass man es den Bezirken freistellt, ob sie die Zuständigkeit übernehmen wollen oder nicht.

Dies möchte der Senat auf keinen Fall, da es einheitliche Grundlagen für eine Arbeitsmarktpolitik in der Stadt geben soll. Diese Auffassung teilt der DGB, der ebenfalls eine Stärkung der Bezirke fordert. Sibyll Klotz, Fraktionschefin der Bündnisgrünen, hält es für ein Unding, dass noch keine Entscheidung gefallen ist, die aber auf jeden Fall eine landeseinheitliche Regelung sein müsse: „Alles andere wäre blanker Wahnsinn.“

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