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Berlin: Gesucht: Aushilfslehrer Berlins Casting für Grundschulen-Pädagogen: Letzte Hoffnung für Schulen und Kandidaten

Die kahlen Gänge des Bezirksamts an der Turmstraße sind sicher nicht Berlins angesagteste Location. Doch wer an diesem Montag hier ist, will sowieso etwas anderes.

Die kahlen Gänge des Bezirksamts an der Turmstraße sind sicher nicht Berlins angesagteste Location. Doch wer an diesem Montag hier ist, will sowieso etwas anderes. Hier suchen Schulleiter Kollegen, die ihnen kurzfristig helfen, bis zum Sommer den Betrieb an ihren Schulen aufrechtzuerhalten. „Ein Brustkrebs, zwei Herzinfarkte“, berichtet eine Pädagogin über die Lage in ihrem Kollegium. Aus Bordmitteln sei diese Lücke nicht zu füllen. Sie hofft dringend, beim Lehrercasting in Moabit Ersatz zu finden.

Gemeldet hatten sich 68 Pädagogen; doch nicht alle sind gestern in die Turmstraße gekommen, dafür haben sich andere Kandidatinnen – der hohe Frauenanteil ist unübersehbar – spontan zum Casting entschlossen. Jeweils fünf Minuten können sie sich gestern und auch am heutigen Dienstag vorstellen, über Berufserfahrung, Qualifikationen und Arbeitszeitwünsche berichten. Der Hauptgewinn: Ein Vertrag über vier Monate als Lehrer – falls Schulleiter, Personalräte und Schulverwaltung zustimmen.

Vier Monate – lohnt dafür der Aufwand fürs Kandidaten-„Rodeo“, wie eine aus der Findungskommission in der Kaffeepause seufzt? Burkhard Ebel, Leiter der Alfred-Adler-Grundschule in Marienfelde, guckt erstaunt: „Mir ist ein Klassenlehrer bis zum Ende des Schuljahrs ausgefallen.“ Den müsse er ersetzen. Und da Ebel jetzt schon weiß, dass es auch im nächsten Schuljahr eng wird, ist das Treffen in Moabit für ihn auch eine Gelegenheit, Pädagogen kennenzulernen, die womöglich gut an seine Schule passen würden. Dass nur die wenigsten die Fächer haben, die er braucht, findet er weniger dramatisch: „Bei einem Grundschullehrer erwarte ich, dass er, wenn’s nicht um Sport und Musik geht, auch fachfremd unterrichtet.“ Das traut er vielen Lehrern, die er sah, durchaus zu: „Da sind wirklich gute Leute drunter.“ Ein Kollege stimmt zu – man habe freilich auch Leute gesehen, die er eher für „Berlins letztes Aufgebot“ halte.

Elke Hübner, die die Fläming-Grundschule leitet, ist vor allem über die „richtig gut ausgebildeten Sonderpädagogen“ erfreut, die sich an diesem Vormittag vorgestellt haben. Sie ist nicht glücklich über die kurzen Verträge, sie braucht zudem gleich drei Leute und weiß, dass sie hier nicht die Fächerkombination finden wird, die sie braucht. Aber sie sei froh, dass sich unter Schulsenator Zöllner „endlich was bewegt“.

Die Kandidaten beim Lehrercasting sind ebenfalls auf einen Vertrag mit langer Perspektive aus: Eine Lehrerin hat sich in Bayern beurlauben lassen, als ihr Mann vor einem Jahr nach Berlin musste. Sie hofft nun, in den vier Monaten einen Fuß in eine Berliner Schule zu bekommen. Eine andere arbeitet an einer Freien Schule: „Ob ich das hier mache, muss ich mir noch gut überlegen“, sagt sie. Und Luris Farhat ist richtig sauer über das magere Angebot – „exakt bis zum letzten Schultag vor den Sommerferien geht der Vertrag“. Andererseits, sagt die Mutter von zwei Kindern, die seit ihrem Lehrerexamen nur befristete Stellen hatte: „Ich spüre zurzeit, dass sich was tut.“ Nie vorher habe sie die Chance gehabt, ihre Qualitäten zu präsentieren. Farhat ist Kunstlehrerin, unterrichtet aber auch Tanz und ist für Deutsch als Zweitsprache ausgebildet. Im kahlen Bezirksamt sei sie für die Berliner Schulverwaltung „zum ersten Mal Mensch und keine anonyme Akte“.

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