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Mitarbeiter der Berliner Verwaltung sind besonders oft und lange krank.

© dpa

Gesundheit: Krankenrekord im Büro

Laut einer Studie der DAK fehlen Berliner am Arbeitsplatz besonders oft –  überdurchschnittlich stark betroffen ist der öffentliche Dienst.

Beschäftigte in Berlin sind häufiger krank als im Bundesdurchschnitt. Besonders oft sind die Mitarbeiter der Ämter und Verwaltungen, der Transportunternehmen und der Gesundheitsbranche betroffen. Das geht aus einer Studie der Krankenkasse DAK unter ihren Versicherten für 2011 hervor. Die Untersuchung bestätigt einen Trend der vergangenen Jahre und ergänzt Auswertungen anderer Krankenkassen.

Anders als im Bundesdurchschnitt nahmen Krankmeldungen in Berlin 2011 zwar nicht zu, dennoch lag der durchschnittliche Krankenstand mit 3,9 Prozent der Berliner Beschäftigten nach wie vor über dem Bundesdurchschnitt mit 3,6 Prozent. Im öffentlichen Dienst der Stadt fehlten sogar 5,3 Prozent der Mitarbeiter wegen Krankheit – das heißt, im Schnitt fehlten 2011 jeden Tag 53 Kollegen in einer Verwaltung mit 1000 Mitarbeitern. Da DAK-Versicherte überwiegend keine Beamten sind, dürften die in die Statistik einbezogenen Kranken keine Polizisten oder Feuerwehrleute sein, sondern Mitarbeiter in Bezirksämtern und Senatsverwaltungen.

Laut DAK waren Selbstständige und Freiberufler unterdurchschnittlich oft krank gemeldet. Dies hat Experten zufolge mit sogenannten Gratifikationskrisen zu tun. Jeder zehnte Befragte in Berlin leidet den DAK-Zahlen zufolge unter arbeitsbedingtem Stress, der vor allem durch fehlende Gratifikation entsteht: etwa wenn Beschäftigte nicht gelobt, unzureichend bezahlt oder am Aufstieg gehindert werden. Dies gebe es beispielsweise bei freiberuflichen Künstlern und Anwälten seltener. Für die Betroffenen bestünde jedoch ein doppelt so hohes Herzinfarktrisiko, erklärte DAK-Landeschefin Steffi Steinicke. Sie wies am Donnerstag auch darauf hin, dass der einzelne Krankheitsfall in Berlin mit durchschnittlich 12,7 Tagen länger als im Bundesdurchschnitt mit 11,5 Tagen dauere. Die häufigsten Diagnosen 2011 waren Muskel-Skelett-Erkrankungen, also etwa Rückenschmerzen, Atemwegsprobleme und Seelenleiden. Dies geht auch aus Zahlen anderer Versicherungen hervor. Besorgniserregend sei der anhaltende Trend bei psychischen Leiden, sagte DAK-Chefin Steinicke. Diese machten ein Siebtel des Krankenstandes aus. Hinzu kommt, dass Betroffene von Depressionen im Schnitt 29 Tage fehlen.

In der Senatsinnenverwaltung von Frank Henkel (CDU), die formal für die öffentlichen Beschäftigten zuständig ist, kennt man den Trend. Staatssekretär Andreas Statzkowski hatte kürzlich erklärt, Gesundheitsmanagement müsse stärker als bisher mit der Personalentwicklung verknüpft werden. Es gehe um eine „an Wertschätzung orientierte Verwaltungskultur“. Allerdings weist die Innenverwaltung auf die demografische Entwicklung hin: Weniger neue, junge Mitarbeiter, dafür älter werdende Stammbeschäftigte führen zu höherem Krankenstand.

Der Gesundheitsexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Heiko Thomas, fordert den Senat auf, „komplett umzuschalten, wenn er einen guten öffentlichen Dienst will.“ Es sei zunehmend schwierig, junge Menschen für Jobs in den Behörden zu begeistern. „Der alte Senat ist teilweise mit der Brechstange vorgegangen“, sagte Thomas. Die Beschäftigten hätten sich durch abwertende Äußerungen in ihrer Arbeit nicht bestätigt gefühlt. Vor allem in den Bezirksämtern sei der Umgangston – auch durch die Bürger – oft rau. Dies bestätigten Personalvertreter, sie sprachen auch von fehlender Führungskultur.

Die DAK ist eine der größten Kassen Deutschlands. Sie vertritt 214 000 Berliner Versicherte. Der Krankenstand in Brandenburg war ihr zufolge 2011 auf einem Allzeithoch von 4,6 Prozent. Besonders betroffen waren auch dort die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und im Gesundheitswesen.

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