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Arbeitsplatz Straßenstrich. Sexarbeiterinnen sind ständig Gesundheitsgefahren ausgesetzt.

© imago stock

Neues Prostitutionsgesetz: Gesundheitsamt will Huren gratis beraten

Die Berliner Verwaltung setzt das neue Prostitutionsgesetzes um: „Aussteigerinnen“ sollen für Beratungen geschult werden.

Kampf gegen „Menschenhandel, Zwangsprostitution und Minderjährigenprostitution“ sowie gleichzeitig „größtmöglichen Schutz von Prostituierten vor Gewalt und Ausbeutung“ – das sind die Ziele des in dieser Woche in Kraft getretenen Prostituierten-Gesetzes von Bundesfamilienministerin Katarina Barley. Die praktische Umsetzung des Gesetzes, das in der Branche auf Kritik stößt und gegen das eine Verfassungsklage in Vorbereitung sein soll, fällt in die Zuständigkeit der Länder. Der Senat hat bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet und plant eine kostenlose Beratung für Huren - ein Begriff, den viele Sexarbeiterinnen für sich selbst verwenden. Die Pläne teilte der Senat auf eine Anfrage von Grünen-Abgeordneten mit.

Zu den wohl wichtigsten Nachrichten für Sexarbeiterinnen: Für die mit dem Gesetz geplante Einführung einer Gesundheitsberatung und die Anmeldung der Prostituierten sollen diese nicht selbst bezahlen: „Eine Gebührenerhebung wird seitens des Senats nicht in Betracht gezogen“, so die Antwort der Gesundheitsverwaltung auf die parlamentarische Anfrage. Eine Erhebung von Kosten stehe „dem grundsätzlichen Schutzgedanken des Gesetzes“ entgegen und auch der damit beabsichtigen Prävention.

Wie hoch die Kosten für die Gesundheitsberatung sein werden, sei gegenwärtig noch nicht zu ermessen. Dennoch will der Senat bereits Mittel für Registrierung und Beratungen von Prostituierten in den kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2018 und 2019 einstellen.

Senat prüft Verfahrensmöglichkeiten

Wortkarg gibt sich der Senat in Hinblick auf die vielleicht umstrittenste Regelung in dem Prostituiertengesetz: die Erfassung der Sexarbeiterinnen und der Schutz ihrer Daten. Dem Senat zufolge ist die Persönlichkeitssphäre dabei durch ein „standardisiertes elektronisches Datenübermittlungsverfahren sichergestellt“. Auch der Bundesrat habe seine Zustimmung zur Anmeldeverordnung für Prostituierte davon abgängig gemacht, dass die persönlichen Daten geschützt sind. Details zum Datenübermittlungsverfahren nennt der Senat aber nicht.

Um die Sprachbarrieren bei den aus dem Ausland stammenden und in Berlin arbeitenden Prostituierten zu überwinden, „prüft der Senat mehrere Verfahrensmöglichkeiten“. Eine davon bestehe darin, „ausstiegswillige Prostituierte“ zu schulen, damit diese bei der Beratung mitwirken.

Erlaubnispflicht für Online-Portale

Das neue Gesetz sieht auch eine Erlaubnispflicht für deutschsprachige Online-Portale vor, die Prostituierte an Freier vermitteln. Dies gilt auch für Portale, die aus dem Ausland Sexdienste in Berlin anbieten. Dagegen müssen sich Huren, die bereits in einem anderen Land gemeldet sind, nicht außerdem noch in Berlin anmelden – jedenfalls nicht, wenn sie ihre Tätigkeit nicht vorwiegend hierher verlegen.

Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung ist die Verordnung zur Umsetzung des Prostitutionsschutzgesetzes im Land Berlin zurzeit „in Bearbeitung“. Federführend sei die Senatsverwaltung für Gesundheit. Diese habe eine „Projektgruppe“ eingerichtet, weil die Regelungen in Teilen auch in die Zuständigkeiten von Innenverwaltung und Wirtschaftsverwaltung fallen. Die Verordnung werde im Einvernehmen mit den Bezirken erlassen, die über den Rat der Bürgermeister in den „Umsetzungsprozess“ eingebunden werden.

Ob sich die gesetzlichen Regelungen in der Praxis bewähren, wollen Bund und Länder spätestens in fünf Jahren überprüfen. Das Gesetz sehe eine „Evaluation zum 1. Juli 2022“ vor.

Die Prostituierten-Vereinigung Hydra kritisiert das Gesetz scharf und unterstützt eine Verfassungsklage. So werden etwa in Wohnungen gemeinsam arbeitende Sexarbeiterinnen „von diesem Gesetz in die Illegalität gedrängt“, heißt es in einem „Positionspapier“ der Vereinigung.

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