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Die Babyklappe im St. Joseph Krankenhaus in Tempelhof von der Innenseite. Babyklappen gelten als umstritten, haben aber schon vielen Kindern das Leben gerettet.

© imago stock&people

Getötetes Baby: Wo es Hilfe gibt, wenn ein Kind nicht gewollt ist

In Lichtenberg wurde ein totes Baby gefunden. Dabei gibt es für Frauen, die ungewollt schwanger sind, viele Hilfsangebote - auch anonym und zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft.

Von Sandra Dassler

In Lichtenberg wurde eine Babyleiche gefunden, das Kind wurde wohl getötet. Aus diesem traurigen Anlass veröffentlichen wir erneut diesen Text aus dem Dezember 2015 zu den Umständen solcher Taten und den Hilfsangeboten für Frauen, die ungewollt schwanger sind.

Gabriele Stangl ist Seelsorgerin am Zehlendorfer Krankenhaus Waldfriede, hat dort im Jahr 2000 die erste Babyklappe an einer deutschen Klinik initiiert und betreut auch Frauen, die anonym gebären wollen. Sie wird oft nach dem Sinn ihrer Arbeit gefragt – vor allem, wenn in Berlin mal wieder ein totes Baby gefunden wird. „Es ist so furchtbar traurig, dass so etwas immer wieder geschieht", sagt Stangl. "Und ich weiß aus jahrelanger Erfahrung, wie verzweifelt Mütter in solchen Situationen sind.“

Deshalb halte sie nach wie vor sowohl die anonymen Geburten als auch die Babyklappen für sinnvoll, habe damit in den vergangenen 15 Jahren fast 250 Frauen helfen können. Allerdings werde immer noch zu wenig für die Aufklärung getan, sagt sie: „Ich gehe so oft wie möglich an Schulen, lade auch Klassen zu uns ein, aber eigentlich müsste die Information über Hilfsangebote bei ungewollten Schwangerschaften obligatorisch im Unterricht erfolgen.“

Wenn sich ein Mädchen plötzlich zurückzieht

Denn gerade Schulkameraden falle oft auf, wenn ein bislang lebenslustiges Mädchen sich plötzlich zurückziehe, und der besten Freundin vertraue man sich oft eher an als den Eltern. Außerdem gehe es um die einfache, aber so unendlich wichtige Information darüber, dass es durchaus Möglichkeiten gebe, das Kind auch ohne Wissen von Eltern, Schule oder Ausbildungseinrichtung zur Welt zu bringen.

Das sagt auch Ulrich Fegeler vom Verband der Kinder- und Jugendärzte. „Der Arzt ist auch gegenüber den Eltern zum Schweigen verpflichtet, selbst wenn ein Mädchen erst 14 Jahre alt ist. Er kann den Betroffenen aber immer Hilfsangebote vermitteln, sodass niemand etwas erfahren muss.“ Es gebe viele Wege, um Geburten vertraulich, aber geschützt und geborgen und ohne gesundheitliches Risiko für Mutter und Kind durchzuführen, sagt Gabriele Stangl. Alles sei besser, als die Schwangerschaft zu verdrängen.

Das tun aber, so lehrt die Erfahrung, manche Frauen bis zur Geburt. Und haben dann unter ungeheurem physischen und psychischen Druck nur einen Wunsch: das ungewollte Kind wieder aus der Welt zu schaffen.

Hier gibt es Hilfe bei ungewollter Schwangerschaft

ANONYME BERATUNG

Viele Organisationen bieten bei ungewollter Schwangerschaft Beratung an. Bis zur 12. Woche bleibt ein Abbruch straffrei, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden.

Kostenlose und auf Wunsch anonyme Beratung gibt es unter anderem bei Pro Femina unter Telefon 08000/60 67 67, beim Berliner Mädchennotdienst unter 030/61 00 63, bei Schwangere in Not unter 0800/40 400 20 oder auch bei einer ProFamilia-Beratungsstelle unter www.profamilia.de

VERTRAULICHE GEBURT

Vertrauliche Geburt bedeutet, dass Frauen ihr Kind medizinisch sicher und vertraulich zur Welt bringen können. Sie müssen ihre Identität nur ein Mal gegenüber einer Beraterin preisgeben, die ihre persönlichen Daten aufnimmt und dafür sorgt, dass diese sicher hinterlegt werden. Mit 16 Jahren kann das Kind die Identität der Mutter und damit seine Herkunft erfahren. Weitere Informationen unter www.geburt-vertraulich.de oder telefonisch deutschlandweit und rund um die Uhr unter 0800/40 400 20.

BABYKLAPPEN

Babyklappen sind umstritten, haben aber schon vielen Kindern das Leben gerettet, deren Mütter auch keine vertrauliche Geburt in Erwägung ziehen. Es gibt sie in Berlin an der Kinder- und Frauenklinik des Krankenhauses Neukölln am Juchaczweg, am Waldkrankenhaus Spandau in der Stadtrandstraße, in der Gontermannstraße am St. Joseph Krankenhaus in Tempelhof, am Vivantes Klinikum Hellersdorf im Münsterberger Weg und im Krankenhaus Waldfriede an der Argentinischen Allee.

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