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Brauerei

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Getränkefirmen: Bier muss nicht mit Leitungswasser gebraut werden

Die rot-rote Koalition einigt sich auf einen Kompromiss: Getränkefirmen dürfen Wasser aus ihren eigenen Brunnen benutzen, um Bier zu brauen. Das ist praktikabel und in Einzelfällen auch günstiger.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die gute Nachricht zuerst: Niemand muss um den guten Geschmack des Berliner Bieres bangen. Obwohl die rot-rote Koalition den Anschluss- und Benutzungszwang für Trink- und Brauchwasser zum 1. Januar 2008 einführen will, können die Brauereien mit Ausnahmeregelungen zu ihren Gunsten rechnen. Jedenfalls wenn nachgewiesen wird, dass der Ersatz von selbstgefördertem Grundwasser durch Leitungswasser der Qualität des Bieres abträglich ist.

Ob jenseits dieses Spezialfalls die Berliner Betriebe, die viel Wasser verbrauchen (Pharma- und Lebensmittelbranche), vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit werden sollen, war zwischen den Regierungsfraktionen SPD und Linke umstritten. Doch am Mittwochabend wurde der Koalitionsstreit weitgehend beigelegt. Die Fachleute einigten sich auf Folgendes: Mit Ausnahme von sogenanntem Prozesswasser, das für industrielle Verarbeitungsprozesse benötigt wird, muss alles Trink- und Brauchwasser von den Berliner Wasserbetrieben bezogen werden. Dadurch steigt der Absatz der Wasserbetriebe um jährlich acht Millionen Kubikmeter Wasser. Der Gesamtverbrauch liegt in Berlin bei etwa 200 Millionen Kubikmeter pro Jahr.

Die kostengünstige Förderung aus eigenen Brunnen ist dann – nach einer Übergangszeit von 9 bis 15 Jahren – nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Die Wirtschaftsverwaltung entscheidet, ob ein Unternehmen wegen „unbilliger oder unzumutbarer Härten“ über 2023 hinaus sein Wasser noch selbst fördern darf. Ob Unternehmen, die neu ansiedeln, eigene Brunnen graben dürfen, soll im Sinne einer wirtschaftsfreundlichen Standortpolitik im Einzelfall geprüft werden. Ungeschoren bleiben Kleinverbraucher, etwa in Kleingartenkolonien.

Die SPD trage so viele Ausnahmen von der Regel nicht gern mit, sagt der Vorsitzende des Fraktions-Arbeitskreises „Wirtschaft“, Jörg Stroedter. „Wir wollten mit dem Anschluss- und Benutzungszwang eigentlich den Normalverbrauchern helfen.“ Je weniger Verbraucher sich vom Leitungsnetz abkoppeln, desto günstiger können die Preise kalkuliert werden. „Denn Berlin hat leider hohe Wasserpreise“, so Stroedter. Das liege vor allem an der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) nennt die Privatisierung – Anteilseigner sind RWE und Veolia – einen „Sündenfall“.

Einen Kompromiss haben SPD und Linke auch bei der Frage gefunden, ob die Tarife künftig degressiv oder progressiv, also abgestuft nach dem Wasserverbrauch, gestaltet werden. Man einigte sich, dass eine solche Staffelung, die einem Mengenrabatt nahe kommt, nur beim Grundpreis erlaubt wird, aber nicht beim Arbeitspreis. Auch das kommt der Wirtschaft ein wenig entgegen. Die Kammern und Unternehmensverbände protestierten bislang heftig gegen den Anschluss- und Benutzungszwang.

Am Montag will die Koalition das nunmehr korrigierte Betriebegesetz im Wirtschaftsausschuss beschließen, damit das Abgeordnetenhaus am kommenden Donnerstag zustimmen kann.

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