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Berlin: Getrickst, verschleiert, getäuscht

Justizministerium soll LPG-Umwandlung prüfen.

Potsdam - Wegen des Verdachts auf Rechtsverstöße bei der Umwandlung von LPG-Betrieben in den Nachwendejahren ist in Brandenburg jetzt das Justizministerium eingeschaltet worden. Das Agrarministerium hat eine Liste mit 39 LPG-Nachfolgebetrieben an das Justizressort weitergereicht und um Prüfung gebeten, wie ein Sprecher sagte. Konkret geht es um die Folgen der teils zwielichtigen LPG-Umwandlungen, bei denen nach Expertenansicht massiv getrickst worden war, um Vermögen aus DDR-Zeiten zu verschleiern und einst zwangskollektivierte Bauern nicht für ihren früheren Besitz entschädigen zu müssen.

Wie berichtet, erwägen parallel das Amt für Betrugsbekämpfung der EU-Kommission und der brandenburgische Landesrechnungshof eine Überprüfung der Förderpolitik für Agrarbetriebe in Brandenburg. Akten zu den Vorgängen sind bereits angelegt. Anlass ist ein Gutachten für die Enquetekommission des Landtags zur DDR-Aufarbeitung, wonach in Brandenburg die Gesetzesvorgaben zur Aufteilung des LPG-Vermögens unter ausscheidenden Mitgliedern „flächendeckend missachtet“ wurden. Allerdings dürften in diesem Fall die Betriebe keine Subventionen der EU und Fördergeld von Bund und Land bekommen. Das aber ist von den Behörden nach Ansicht des Gutachters nicht durchgesetzt worden, die Kontrollen waren laut Studie mangelhaft.

Das Agrarministerium sieht dennoch keinen Nachholbedarf in Brandenburg, wie ein Sprecher sagte. „Wir sehen kein Defizit“, erklärte er.

Die Grünen-Fraktion im Landtag dagegen forderte, alle strittigen Fälle müssten aufgearbeitet werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. „In den letzten 23 Jahren wurde in Brandenburg alles dafür getan, die durch die Zwangskollektivierung entstandenen Großbetriebe zu konservieren und einen Neuanfang durch Neu- und Wiedereinrichter zu erschweren“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Marie Luise von Halem. „Diese Politik des Nichthörens, Nichtsehens und Nichtsagens geht zulasten all der ehemaligen LPG-Mitglieder, die durch die dubiose Umwandlung ihrer Genossenschaften um ihre Rechte gebracht wurden.“ Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg, der Familienbetriebe vertritt, sagte: „Wir weisen seit zwanzig Jahren auf genau diese Missstände hin, und seit zwanzig Jahren stellt sich das brandenburgische Agrarministerium auf genau diesem Ohr taub.“ Begünstigung und alte Seilschaften passten auch nicht ins Bild der erfolgreichen Großlandwirtschaft, wie sie von SPD und der Linken propagiert werde.

CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski äußerte sich zurückhaltend. Die Feststellung, dass LPG-Betriebe nicht rechtmäßig umgewandelt worden sind, sei kein Grund, „alles neu aufzurollen“. Es sei nicht sinnvoll, alle Bebtriebsumwandlungen auf den Prüfstand zu stellen. Handlungsbedarf müsse im Einzelfall nachgewiesen werden, das sei nicht Sache des Landtags. Handlungsbedarf gebe es aber in der neu vom Landtag eingerichteten Arbeitsgruppe „Bodenmarkt“, die Strategien gegen den Aufkauf von Agrarbetrieben durch Großinvestoren und Spekulationsgeschäfte mit Ackerland entwickeln soll. Auch beim Kauf von früher volkseigenen Flächen müssen LPG-Nachfolgebetriebe nachweisen, dass die Umwandlung rechtmäßig war und alte Mitglieder ausgezahlt wurden. Dies sei in Brandenburg nur unzureichend kontrolliert worden, sagte Dombrowski. Alexander Fröhlich

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