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Berlin: Gewalt gegen Kinder: Polizei zählt in Berlin jährlich über 7000 Opfer

Gewalt gegen Kinder ist in Berlin alltäglich. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei insgesamt 7482 Taten: Die Kinder wurden getötet, verletzt, missbraucht, vernachlässigt.

Gewalt gegen Kinder ist in Berlin alltäglich. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei insgesamt 7482 Taten: Die Kinder wurden getötet, verletzt, missbraucht, vernachlässigt. Im Jahr 1998 registrierte man 7045 betroffene Kinder, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 2814. Doch die Dunkelziffer ist hoch. Experten schätzen, dass sie beispielsweise beim sexuellen Missbrauch beim Dreißigfachen liegt. "Je enger Täter und Opfer miteinander bekannt sind, desto niedriger ist die Anzeigebereitschaft", sagt Jugendsenator Klaus Böger (SPD).

Ein Blick auf die Zahlen, die die Sonderauswertung des Senats für das Jahr 1999 ermittelt hat, zeigt: Acht Kinder wurden getötet, 1052 schwer verletzt und 1851 sexuell missbraucht - dabei handelt es sich in 221 Fällen um einen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen. Insgesamt 2181 leichte Körperverletzungen erfasst die Statistik, 803 Raubtaten, 343 Nötigungen und 73 Mal Menschenraub. Deutliche Schwankungen bei einem Delikt im Vergleich zum Vorjahr lassen sich nicht erkennen.

Das Täter-Opfer-Verhältnis ist nach Angaben der Jugendsenatsverwaltung entscheidend für die Anzeigebereitschaft. "Gerade Kinder sind darauf angewiesen, dass Erwachsene die Anzeige für sie erstatten", beantwortet der Senator eine Kleine Anfrage der PDS im Abgeordnetenhaus. Die polizeiliche Kriminalstatistik belegt, dass Fremdtäter sehr häufig angezeigt werden; dabei handelt es sich bei rund 50 Prozent der angezeigten Fälle um Exhibitionisten. Dagegen kommen Misshandlungen innerhalb der Familie nur selten zur Anzeige. "Scham, Angst, aber auch Effekte vermeintlich solidarischen Verhaltens mit dem Täter" hinderten die Verwandten häufig an dem Gang zur Polizei. Ähnlich hoch ist nach Ansicht der Experten auch die Dunkelziffer bei der Misshandlung von Schutzbefohlenen sowie der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. In diesem Bereich werden die Anzeigen vor allem von Nachbarn, Kindergärtnern, Erziehern oder Lehrern erstattet.

Die Ursachen für sexuelle Gewalt gegen Kinder gelten als vielschichtig. Laut Sonderauswertung misshandeln Eltern ihre Kinder aus psychischer Überforderung, Gereiztheit oder Stress. In zu vielen Familien wird Gewalt noch immer als brauchbares Erziehungsmittel angesehen - oft weil die Eltern in jungen Jahren selbst geschlagen oder missbraucht worden sind. Auch wenn sich gewalttätige Jugendgruppen Kinder als Opfer suchen, spielen bei den Tätern laut Jugendsenatsverwaltung viele Faktoren eine Rolle: ungünstige Sozialisationsbedingungen, mangelnde Aufsicht der Eltern, finanzielle Notlage, aber hohes Interesse an Markenprodukten, schlechte Berufsperspektive, Langeweile...

Der Deutsche Bundestag hat sich kürzlich einem Entwurf gewidmet, den die Fraktionen von SPD und Bündnisgrünen eingebracht haben. Mit dem Gesetz soll in Zukunft die Gewalt in der Erziehung geächtet werden. "Zu diesem Gesetz ist die Meinungsbildung im Senat noch nicht abgeschlossen", heißt es aus der Jugendsenatsverwaltung.

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