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Polizei: Gewerkschaft prüft Boykott gegen Namensschilder

Die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte sollte diesen Sommer in Kraft treten. Doch die seit Jahrzehnten diskutierte Reform verzögert sich erneut.

Die von Polizeipräsident Dieter Glietsch auf den Weg gebrachte Kennzeichnungspflicht für Polizisten verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Seit Anfang der Sommerferien sollten die Beamten Namensschilder an ihren Uniformen tragen, so hatte es Innensenator Ehrhart Körting (SPD) im Januar versprochen. Doch mittlerweile glaubt im Polizeipräsidium kaum noch jemand daran, dass der seit Jahren schwelende Streit mit den Gewerkschaften und dem Personalrat bald beigelegt werden kann. Diese lehnen die Kennzeichnung, wie berichtet, kategorisch ab. Im Präsidium heißt es, dass Glietsch zumindest hoffe, die Schilder „noch in meiner Amtszeit“ durchsetzen zu können. Glietsch geht am 2. Mai 2011 in Rente, seit seinem Amtsantritt 2002 kämpft er für die Schilder.

Der letzte Einigungsversuch zwischen Polizeibehörde und Hauptpersonalrat des Landes war Ende Mai gescheitert. Der Personalrat der Polizei hatte das Vorhaben schon im Januar einstimmig abgelehnt. Nun liegt das Thema in der sogenannten Einigungsstelle – der letzten Instanz. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht, sagte Antje Krüger von der Einigungsstelle. Es sei nicht einmal sicher, ob dieses Gremium noch in diesem Jahr zusammenfindet. „Die Gewerkschaften schinden Zeit“, heißt es dazu im Präsidium. Die Einigungsstelle setzt sich aus drei Arbeitnehmern, drei Arbeitgebern und einem unabhängigen Arbeitsrichter zusammen. Letztlich hat der vom Senat bestimmte Richter das entscheidende Wort. Deshalb erwartet Glietsch, dass es letztendlich eine Mehrheit für die Kennzeichnung geben wird. Auch die Gewerkschaft der Polizei sieht offenbar die Niederlage kommen. Nach Angaben des Landesvorsitzenden Michael Purper werde bereits darüber diskutiert, ob man den Mitgliedern empfehlen werde, die Namensschilder zu boykottieren.

Glietsch und Körting möchten, dass alle Polizisten entweder ein Namensschild tragen – oder in heiklen Einsätzen ihre Dienstnummer. Ausgenommen sind Zivilbeamte und Spezialeinheiten. Bereits jetzt sind alle Polizisten verpflichtet, jedem Bürger auf Verlangen ihre Dienstnummer mitzuteilen. Dennoch lehnen die Gewerkschaften die Kennzeichnung als zu „gefährlich“ ab. Doch auch innerhalb der Truppe gibt es viele Befürworter der Kennzeichnungspflicht: LKA-Beamte berichten, dass selbst in den Abteilungen für Schwerstkriminalität alle Ermittler ein Namensschild an der Tür haben – Racheakte habe es noch nie gegeben. Glietsch argumentiert, dass Namensschilder eine deeskalierende Wirkung haben. „Es ist immer besser, wenn man sich mit Namen anspricht.“ Bürgerrechtsgruppen fordern eine Kennzeichnungspflicht, um bei Übergriffen Anzeige erstatten zu können. Häufig konnten prügelnde Polizisten nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil der Täter nicht zu identifizieren war. Über die Namensschilder wird in Berlin nunmehr seit Anfang der 50er Jahre gestritten. 1986 bekamen die Kontaktbereichsbeamten – gegen den erbitterten Widerstand der GdP – ein Namensschild.

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