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GEZ: Auf die coole Tour

Überzeugen statt kontrollieren: Die GEZ kommt den Berlinern kumpelhaft. Trotzdem nehmen die Beschwerden über die Behörde in den letzten zwei Jahren zu. Dabei wollen die Gebührenbeauftragten doch nur "neue Kunden" werben.

Rundfunkgebühren sind cool. Sie zu zahlen noch viel mehr. Mit einer neuen Werbestrategie, die mehr eine Imagekampagne ist, versucht die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) die Botschaft zu vermitteln: Gebühren zu zahlen ist nicht spießig. Hinter der Strategie steckt offenbar die Erkenntnis, dass die GEZ, die in Umfragen stets mit aufdringlichen Schnüffelmethoden ihrer Kontrolleure in Verbindung gebracht wird, umdenken muss, um ihre „Schwarzseher“-Klientel vor allem in den großen Städten zu erreichen.

Denn dort wohnen ihre Problemkinder, wie es jüngst ein internes Papier des Südwest-Rundfunks benannt hat: Studenten, „abenteuerlustige Singles“ und „nicht verheiratete Paare mit Kindern“. Sie führen den Gebührenzahler-Boykott an. Solche Leute wohnen vorzugsweise in Ballungszentren. In Berlin ist die Schwarzseherquote am höchsten. Hier zahlen 15 Prozent keine Gebühren, bestätigt ein Sprecher vom Rundfunk Berlin- Brandenburg (RBB). Zum Vergleich: der Bundesdurchschnitt liegt bei zehn Prozent. Doch zu einer „Herbstoffensive“, einem Großaufgebot neuer Kontrolleure, solle es nicht kommen. „In Berlin sind 50 Gebührenbeauftragte im Einsatz, und die Kontrollen werden nicht ausgeweitet“, versichert RBB-Sprecher Ralph Kotsch.

Rapper zahlen die Gebühren

Die GEZ versucht’s erst einmal auf die coole Tour. Seit August werben junge Prominente wie Julia Hummer und der Hip-Hopper Samy Deluxe mit dem Slogan „Natürlich zahl’ ich“ für unabhängige Medien. Die Kampagne verbucht die Gebührenzentrale schon jetzt als Erfolg. Auf der Funkausstellung wurde ein neues Gesicht für die Kampagne gesucht. „Da war richtig Trubel am Stand und die jungen Leute hatten kein Problem, sich als Gebührenzahler zu erkennen zu geben“, erzählt Nicole Hurst, GEZ-Sprecherin. Die Kampagne solle erklären, was die öffentlich-rechtlichen Medien bieten, und dass es nur gerecht und fair sei, wenn alle dafür zahlten.

Gebührenbeauftragte heißen übrigens die Kontrolleure, die auf Provisionsbasis im Auftrag der Landesrundfunkanstalten versuchen, neue Kunden zu werben. So nennt sich das, wenn sie auf der Suche nach Schwarzsehern sind. Ihre Methoden erregen immer wieder Unmut. Sie lauern Verdächtigen auf, befragen Nachbarn und setzen potenzielle Schwarzseher im Türrahmen unter Druck. Dass der Zwang in der Vergangenheit eher zu einer Trotz-Haltung geführt und ein Versteckspiel ausgelöst hat, hat nun auch die GEZ verstanden. Sie setzt deshalb auf Akzeptanz statt Drohgebärden.

Wie viel Beratungsbedarf die Gebührenkontrolleure oftmals hinterlassen, weiß Bernd Ruschinzik. Der Jurist arbeitet in der Verbraucherzentrale in Berlin. In den letzten zwei Jahren hätten die Beschwerden über die GEZ zugenommen, erklärt Ruschinzik. „Mittlerweile habe ich täglich Anfragen zur GEZ“, sagt er. Neben dem Verhalten der Kontrolleure richten sich die Beschwerden vor allem gegen die Gebühren an sich. „Viele verstehen nicht, warum sie zahlen müssen, wenn sie ein halbes Jahr im Ausland oder in ihrer Laube sind.“

Ausschlaggebend sei, ob in der Wohnung Radio- oder Fernsehgeräte stehen, unabhängig davon, ob sie genutzt werden oder nicht. Um der Gebühr zu entkommen, rät Ruschinzik, die Geräte zu verbannen. 

River Tucker

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