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Berlin: Glaube, Pfähle, Hoffnung

Um Verzögerungen bei der Sanierung der Deutschen Staatsoper zu erklären, lud die Verwaltung den Kulturausschuss auf die Baustelle.

Berlin - Verzögerungen gibt es nicht nur am Flughafen: Die Staatsopernsanierung ist einige Nummern kleiner – offizieller Kostenrahmen: 239 Millionen Euro –, aber auch hier verschiebt sich die Eröffnung um mindestens ein Jahr. Der 3. Oktober 2015 ist der aktuell gehandelte Eröffnungstermin. Jetzt hat die Bauverwaltung zu vertrauensbildenden Maßnahmen gegriffen und den Kulturausschuss auf den Bau eingeladen: Seht her, wir machen was, wir haben die Lage im Griff, ihr könnt uns glauben. Zur Vertrauenskrise wie beim BER soll es nicht kommen.

Einigen Ausschussmitgliedern aber fällt der Glaube schwer. Thomas Birk von den Grünen fragt sich, ob es wirklich nur die im Boden gefundenen Holzpfähle sind, die zur Verzögerung geführt haben – oder ob diese nicht vielmehr eine willkommene Begründung liefern für eine Verzögerung, die es sowieso gegeben hätte. Eine Antwort bekommt er nicht, die Skepsis bleibt bestehen. Baudirektorin Regula Lüscher, die der Hitze nachgegeben hat und, anders als der stoisch in Krawatte und Jackett gewandete Kulturstaatssekretär André Schmitz, luftig gekleidet erscheint, wendet viel Mühe auf, um zu erklären, was es mit diesen Pfählen auf sich hat. Die Baugeschichte der Staatsoper hängt immer auch mit der Ur- und Frühgeschichte Berlins zusammen. In 17 Metern Tiefe besteht der Boden aus eiszeitlichem Geschiebe, eigentlich ein guter Baugrund, in dem man niemals die Pfähle vermutet hätte. Warum sie dort stecken, ist ein Rätsel. Sie können aber die geplante Wanne, die wegen des hohen Grundwasserspiegels nötig ist, undicht machen. Einfach entfernen kann man sie offenbar auch nicht, da sie tief im Erdreich stecken: „Wir können da nicht einfach Taucher runterschicken“, sagt Lüscher. Die Besucher glauben’s, was bleibt ihnen auch übrig?

Unmittelbar im Anschluss an die Besichtigung tagt der Ausschuss gleich nebenan in der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität. Unsichtbar schwebt das BER-Desaster über allem, Wolfgang Brauer von den Linken bringt es auf den Punkt: „Das ist ja wie bei Harry Potter. Niemand traut sich, Voldemorts Namen zu nennen.“ Eine Kleine Anfrage von Sabine Bangert (Grüne) mit zahlreichen Detailfragen ist bis heute nicht beantwortet worden. Brigitte Lange (SPD) sucht Zuflucht in vermeintlich sicheren Zahlen und will es schriftlich haben: „Wie viele Arbeiter sollten im Regelfall auf der Baustelle sein, wie viele sind es tatsächlich?“ Die Zahl, die alle an diesem Tag am meisten interessiert – welche Mehrkosten verursacht die erneute Verschiebung? – will Lüscher frühestens im Oktober nennen. „Grundsätzlich“, sagt sie, „kann man beim Bauen im historischen Bestand immer auf Unvorhergesehenes stoßen, das zu Verzögerungen führt.“

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