zum Hauptinhalt

Berlin: Glietsch: Die Schüsse waren angemessen

Polizeipräsident geht von einem Fall der Nothilfe aus. Der Getötete habe zuerst gefeuert 33-jähriger Kroate soll auch am Mord eines Geschäftsmannes auf der Fischerinsel beteiligt gewesen sein

Der Mann, der am Donnerstag bei einem Schusswechsel vor dem Beate-Uhse-Museum in Charlottenburg getötet wurde, war polizeibekannt und wurde gesucht. Wie die Polizei mitteilte, waren Beamte dem Verstorbenen, der als 33-jähriger Kroate identifiziert werden konnte, im Zusammenhang mit dem Mord an einem Geschäftsmann auf der Fischerinsel im November 2008 auf der Spur. Der Mann soll damals die Waffe für den Mord besorgt haben. Darüber hinaus wurde er wegen zweier Haftbefehle gesucht. Wie der Tagesspiegel erfuhr, ging es dabei um Diebstahl mit Waffe und Betrug. Die Polizei hatte bereits am Donnerstag vermutet, dass die Haftbefehle womöglich zu der heftigen Reaktion des Mannes nach seiner Festnahme geführt haben könnten.

Aktuell gehen die Ermittler von folgendem Tathergang aus: Nachdem die beiden 32- und 37-jährigen Polizisten in einem Automatenkasino in der Joachimstaler Straße die Ausweispapiere des Mannes überprüften, stellten sie fest, dass er mit zwei Haftbefehlen gesucht wurde und nahmen ihn fest. Die Beamten sollen zu dem Zeitpunkt jedoch nicht gewusst haben, zu welch spektakulärem Delikt er gesucht wurde. Der Mann soll ihnen zunächst ruhig aus der Spielhalle im Untergeschoss bis zum Streifenwagen in der Kantstraße gefolgt sein. Dabei soll er auch noch gebeten haben, seine Frau anrufen zu dürfen, was ihm die Polizisten offenbar erlaubten, wie der Tagesspiegel erfuhr. Kurz vor dem Auto habe er einem der Beamten Reizgas ins Gesicht gesprüht, ihn überwältigt und ihm die Dienstwaffe aus dem Holster entnommen. Danach habe er mit der Dienstwaffe auf dessen Kopf gezielt. Als es dem Beamten gelang, sich loszureißen und in Richtung einer Litfaßsäule zu fliehen, schoss der Kroate, verfehlte aber den Polizisten.

Der zweite Beamte schoss daraufhin zweimal auf den 33-Jährigen und traf ihn tödlich. Polizeipräsident Dieter Glietsch bezeichnete den Schusswaffengebrauch als „angemessene Reaktion“, da nach aktuellem Ermittlungsstand von einer Nothilfesituation ausgegangen werden müsse. Gestern wurde das Einschussloch in der Fensterscheibe untersucht, das von einer Kugel des Täters stammt. Unklar ist bislang, warum der Mann nur an einem Handgelenk mit Handschellen gesichert war und wo sie ihm angelegt wurden: ob in der Spielhalle oder erst auf der Straße. Dazu wollte die Polizei nichts sagen. Ein Polizeisprecher sagte, die Fesselung an einer Hand sei nichts Ungewöhnliches. Dies würde je nach Situation entschieden.

Noch in der Nacht wurden die beiden Streifenpolizisten vernommen. Ihre Berichte decken sich offenbar mit Aussagen von Zeugen. Die Ermittlungen der Mordkommission dauern an.

Keine Stellungnahme der Polizei gab es zum Vorwurf einer Augenzeugin, nach eigenen Angaben Krankenschwester, sie sei von Polizisten gehindert worden, Erste Hilfe zu leisten. Tanja Buntrock/Florian Ernst

Zur Startseite