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Berlin: Glück im Spiel und in der Liebe

Von Tanja Buntrock Hansjürgen Ott, 66 Jahre, ist ein Spieler. Ein „kleiner Spieler“ sagt er, aber immerhin.

Von Tanja Buntrock

Hansjürgen Ott, 66 Jahre, ist ein Spieler. Ein „kleiner Spieler“ sagt er, aber immerhin. Erst hat er beruflich gespielt. Seine Rollen wechselten öfter: Koch, Kellner und Barkeeper, Hotelier in Schweden, auf Kuba, Steward auf einem Luxusliner, später drei Friseursalons in Berlin mit „Strohmännern als Meister“, jetzt eigentlich Ruheständler, aber dennoch als freier Journalist tätig.

Ott redet ohne Punkt und Komma. Vier Ehen hat sein unstetes Leben verschlissen. Die fünfte, die soll nun für ewig halten. Sie hat gewissermaßen auch mit einem Spiel angefangen, beim Roulette. Vor fünfeinhalb Jahren stand Ott im damaligen Spielcasino im Europacenter und hatte „einen Lauf“. Deshalb konnte er sich nicht sofort um die „attraktive Dame“ an der Bar kümmern. Aber aufgefallen ist ihm Roswitha Scholz.

„Gepflegt, freundlich, modisch, einfach eine nette Erscheinung“, fasst Ott den ersten Eindruck zusammen. Als der „Lauf“ vorbei war, nutzte er die Gelegenheit. Er lud sie zu Sekt ein. Vielleicht erzählte er auch davon, dass er als Ruheständler immer was zu tun haben müsse. Anfangs langweilte er sich vorm Fernseher, schaute eine Vormittags-Talkshow nach der anderen. Bis er auf die Idee kam, dort aufzutreten. Die meisten Talkshow-Themen handelten von Sex: Sex im Alter, während der Schwangerschaft... Ott, der Spieler, sieht sich auch als Schauspieler - deshalb hatte er zu allem was zu sagen.

Roswitha Scholz, Beraterin in einer Modeboutique aus Rudow, begeisterte er. Kurzer Zeit später waren sie ein Paar. Von ihrem zweiten Ehemann lebte Frau Scholz damals bereits getrennt. Um das ewige Pendeln zwischen den Wohnungen im Süden und Norden Berlins zu vermeiden, zog das Paar bald in eine gemeinsame Wohnung nach Reinickendorf.

„Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein“, ist Otts Tipp zum Lebensglück. Der Ort sollte auch für die wichtigste Entscheidung seines Lebens der richtige sein. Warum die Hochzeit erst nach fünfeinhalb Jahren? Weil Roswitha zunächst noch in Scheidung lebte. Später war es nicht so leicht, den richtigen Termin zu finden. Doch das Trauzimmer im Standesamt Reinickendorf, das sie sahen, als sie das Aufgebot bestellten, behagte beiden nicht. Über Nacht kam Ott die Idee: Wenn schon, dann muss es eine Spielbank sein, in der sie sich das Ja-Wort geben. Dort, wo das Schicksal sie zusammenführte. Eine Überraschung sollte es werden. So hatte er sich das vorgestellt.

Die Spielbank im Europacenter zog mittlerweile an den Potsdamer Platz. Damit ist das Standesamt Mitte zuständig. Sowohl der Standesbeamte als auch der Spielbank-Manager hatten nichts dagegen. Ott war die letzten sechs Wochen Tag und Nacht damit beschäftigt, das Ereignis möglichst heimlich zu organisieren. Vom Sektempfang in der Spielbank über den BVG-Hochzeitsbus bis hin zum Menü im Ratskeller in Reinickendorf, wo die Hochzeit gefeiert werden soll.

In der Nacht zu Freitag hatte Roswitha eine Eingebung. Sie ahnte etwas. Sie behielt Recht – und fand die Idee fantastisch. Ringtausch, Ja-Wort, dann steht eine Runde Roulette an für das Brautpaar und die Hochzeitsgäste – schließlich ist der Bräutigam ein Spieler.

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