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Gott ahoi. Die Lage der Heilandskirche am Havelufer wissen auch die Freizeitskipper in Berlin und Brandenburg zu schätzen. Vor einigen Wochen feierten sie dort zum Ende der Saison einen Gottesdienst. Foto: Hirschberger/dpa

© dpa

Berlin: Gold fürs Kreuz, Rosa für die Ziegel

Die Restaurierung der Sacrower Heilandskirche kommt voran. Jetzt erhielt der Campanile seine originale Farbe zurück.

Potsdam - So komplett sieht man den Campanile der Sacrower Heilandskirche sonst nicht: Im Büro des Dahlemer Architekten Klaus Günther erfasst ein einziger Blick alle vier Außenmauern zugleich. Direkt neben Günthers Schreibtisch hängen die vier Ansichten nebeneinander, jede zwei Meter hoch, etwas zusammengestückelt, manchmal leicht verzerrt. Wie der Architekt berichtet, fotografierten er und sein Team den Kirchturm in Potsdam-Sacrow vor über zwei Jahren von einer Hubbühne aus, abschnittsweise Stück für Stück. Dann habe man die Fotos ausgedruckt, übereinander geklebt und das Ganze durch den Farbkopierer gejagt. Heraus kamen die vier Abbildungen.

Die Fotos seien eine der Grundlagen für die jüngst abgeschlossenen Sanierungsarbeiten an dem freistehenden Glockenturm gewesen, erzählt der Architekt. Das Ergebnis der Turmsanierung ist nun von weither sichtbar: Strahlend zeigt sich das frisch vergoldete Turmkreuz. Aber auch der steinerne Campanile selbst zieht die Blicke noch stärker an als zuvor. Der Grund dafür ist der neue Farbanstrich, den der Turm erhalten hat. Eine „hauchdünne Brühe“ habe man als Lasur auf die gelben Ziegelsteine aufgebracht, berichtet Restaurator Ulrich Schneider. Das zarte Hellrosa der Lasur wechselt sich nun ab mit den horizontalen Streifen aus blau glasierten, gelb gemusterten Ziegeln, die dem Turm zusätzlich eine optische Struktur verleihen. Schon zu Beginn – die Kirche wurde 1844 von Ludwig Persius nach Skizzen Friedrich Wilhelm IV. errichtet – seien die hellen Ziegelsteine des Campanile ebenso wie die des Kirchenschiffs gestrichen worden, sagt Schneider. Man habe sich also schon damals nicht mit der natürlichen Farbe der Steine begnügen wollen.

Die jüngste Turmsanierung kostete nach Angaben der Potsdamer Stadtverwaltung eine Viertelmillion Euro, wobei das meiste Geld aus Bundesmitteln stammte. Die Stadt Potsdam gab 25 000 Euro dazu. Die Sanierung des Turms – wie auch die gerade beendete Rekonstruktion der Innenausstattung des Gotteshauses – bilden den vorläufigen Schlusspunkt der Bemühungen, die durch das DDR-Grenzregime geschundene Kirche wiederherzustellen. Die Heilandskirche lag zu DDR-Zeiten mitten im Grenzgebiet und war für die Bevölkerung nicht zugänglich. Der Innenraum des Sakralbaus wurde bald nach dem Mauerbau mutwillig zerstört, und die Kirche verkam. „Man sah ja von Wannsee aus, wie das alles zerfällt", erinnert sich Architekt Günther, der schon damals in West-Berlin lebte. Nachdem bereits Mitte der achtziger Jahre die Kirche dank der Unterstützung des West-Berliner Senats und der Tagesspiegel-Stiftung mit jeweils 500 000 D-Mark baulich gesichert werden konnte, erfolgte seit den neunziger Jahren die umfassende Restaurierung des landschaftlich reizvoll, direkt am Havelufer gelegenen Gotteshauses, das heute zur Potsdamer Pfingstkirchengemeinde gehört.

Bei den jüngsten Wiederherstellungsarbeiten im Kircheninneren wurde nach alten Fotos auch der Altar rekonstruiert, samt seinen schwarzen Säulen aus Ebenholz, dem Zedernfurnier, den Goldverzierungen und den kunstvoll gefertigten Intarsien aus Ahorn und Ebenholz. Vom ursprünglichen Altar habe man außer dem Podest und dem Fragment eines Kapitells lediglich ein Sechstel einer Säule vorgefunden, erzählt Günther. Das Rudiment sei nach dem Mauerfall im Schutt neben der Kirche gefunden worden. Ein Potsdam-Enthusiast habe damals nach Überbleibseln der historischen Kirchenausstattung gegraben und außer der Altarsäule noch so manchen anderen Gegenstand, unter anderem Teile der Orgel, ausgebuddelt, erinnert sich der Architekt.

Vollständig wiederhergestellt ist die Heilandskirche auch nach Abschluss der jüngsten Bauarbeiten noch nicht. So fehlt der Außenanstrich des Kirchenschiffs. Nach Angaben von Restaurator Schneider müssten zudem unter anderem der Traufbereich der Arkaden sowie das Sockelmauerwerk saniert werden. Für jene Arbeiten dürfte ein Millionenbetrag nötig sein.

Holger Catenhusen

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