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Herbst Berlin

© Peter Meissner

Goldener Oktober: Der Herbst in Berlin, wie gemalt

Blau, Gelb, Rot. Am Wochenende zeigte sich die Stadt von ihrer bunten Seite. Heute werden es 20 Grad. Der Herbst zeigt sich von seiner schönsten Seite.

Volle Straßencafés, gut besuchte Biergärten, Andrang in Zoo und Tierpark: Die Berliner und Touristen fühlten sich am Sonntag wie im Sommer und genossen den Tag sichtlich. Auch wenn sie sich noch auf keine einheitliche Garderobe einigen konnten: Während die einen noch in T-Shirts unterwegs waren, hatten andere schon die dicken Jacken und Mäntel aus dem Schrank gezogen. Kein Wunder, dass sie alle guter Dinge schienen: Der Sommer ist zurückgekehrt, am Dienstag soll es sogar mit rund 20 Grad richtig warm werden. Wir haben uns in der Stadt mal umgesehen:

Auf dem Gendarmenmarkt sitzt kurz vor 12 Uhr die neunköpfige Damengruppe „Immer Rund“ aus Lüchow und schlürft aus Pappbechern Sekt, feiert das Ende des Berlin-Wochenendes. „Bei dem schönen Wetter haben wir unser Programm umgestellt“, sagen sie. Statt das Schloss Charlottenburg zu besichtigen, wird im Freien gepichelt. „Die Sonne macht uns glücklich“, sagen die Damen vom Kartenspielverein, und alle rufen: „Goldener Oktober!“ Dann lachen sie über die Plakate, die gegenüber am Schauspielhaus hängen: „Gluck, Gluck, Gluck“.

Vorm Berliner Dom wartet ein junger Mann mittags mit seinem Biketaxi auf Kundschaft. Er hat gerade den Dienst angetreten. Mehrmals drückt er auf die Hupe, „die Sonne animiert mich. Ich bin in Akquise-Laune.“ Er hat das Gefühl, es seien mindestens 20 Grad – und öffnet deshalb den Kragen. „Gestern bin ich noch mit Pullover und Schal gefahren.“

Im Tiergarten gegenüber der Kongresshalle, wo an jedem Sommerwochenende Hunderte ihre Fleischspieße und Würstchen grillen, zündelt am Sonntagmittag nur eine einzige Familie. „Wir haben hier noch nie gegrillt, der Onkel aus Teheran kam jetzt zu Besuch, hat uns überredet.“ Dann schwärmen sie: „Es ist wunderschön, wir holen den Sommer nach.“

Unter den Linden ist eine Touristengruppe unterwegs. Während die meisten in Jacken gehüllt sind, trägt ein jüngerer Mann Shorts. „Ich stamme aus England“, sagt der Jüngere und blinzelt vergnügt in die Sonne: „Ich trage nur im Dezember lang.“

In der Kleingartenkolonie an der Württembergischen Straße künden Plakate von der „Letzten Oase der Großstadt“. Die Gärten sollen bebaut werden. Ein junger Mann harkt und schichtet Komposthaufen um. Der letzte Garteneinsatz des Jahres. „Bei der Sonne muss man glücklich sein.“ Dass Ende 2008 Schluss mit den Gärten sein könnte, will er nicht glauben. „Ich plane für die nächsten Jahre.“ Seine Schwiegermutter kommt mit einem kleinen Kind hinzu und sagt: „EtwasWehmut ist schon dabei. Das ist heute wie ein Abschiedstag.“ Gleich darauf ergänzt sie: „Für den Sommer.“



Vor den Botero-Figuren
im Lustgarten liegen liegen die Menschen dösend auf der Wiese. Ein älteres Ehepaar aus der Leipziger Straße lässt die Hände vergnügt über die Rundungen einer Skulpturenfrau gleiten. „Ein schönes Gefühl“, sagt der Mann. Die Frau schaut auf das Wasserspiel nebenan, sieht einen kleinen Regenbogen und sagt: „Das ist für mich Glücksgefühl.“

An der Liebknecht-Brücke hat sich kurz vor der Abfahrt des Spreeschiffs „Prenzlauer Berg“ eine Warteschlange gebildet.“ Zwei junge Frauen aus Frankreich rufen nach hinten: „Das Schiff ist voll!“ Das Schiffspersonal verbessert: „Das Oberdeck ist voll, unten ist noch alles frei.“ Die Leute warten heute lieber aufs nächste Schiff.

Christian van Lessen

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