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Eine kaputte Scheibe eines Außenfensters ist in der Fuchsberg Grundschule abgeklebt. Unbekannte haben ein Kunst-Vogelnest aus Gold aus der Schule in Berlin-Biesdorf gestohlen.

© Annette Riedl/dpa

„Goldnest“-Raub in Berliner Grundschule: Polizei und Staatsanwaltschaft wittern Clankriminalität

Die Polizei durchsuchte mehrere Objekte, vom gestohlenen „Goldnest“ keine Spur. Mitglieder der Großfamilie R. sollen die Schule zuvor ausgekundschaftet haben.

Nach dem Diebstahl einer Skulptur aus purem Gold aus der Fuchsberg-Grundschule in Marzahn-Hellersdorf gehen Polizei und Staatsanwaltschaft von einem neuen Fall von Clankriminalität aus. Im Visier der Ermittler stehen erneut Mitglieder der deutsch-arabischen Großfamilie R. Die Staatsanwaltschaft erwirkte eilig Durchsuchungsbeschlüsse – auch wegen der Gefahr, dass das Gold schnell eingeschmolzen wird.

Am Nachmittag sind dann von Spezialeinheiten und Ermittlern drei Objekte in Buckow, Neukölln und Friedrichsfelde sowie ein Auto in Britz durchsucht worden. Festgenommen wurde niemand, wie eine Polizeisprecherin erklärte.

Das „Goldnest“ ist allerdings nicht gefunden worden, auch keine Spuren, die den Tatverdacht erhärten konnten. Auch die Villa von Clanchefs Issa R. soll von der Razzia betroffen gewesen sein. Das bestätigte Issa R. gegenüber der "Bild"-Zeitung.

Der Fall erinnert an den Diebstahl der Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Bode-Museum im Jahr 2017, für den sich derzeit Mitglieder der deutsch-arabischen Großfamilie R. vor Gericht verantworten müssen.

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Der Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma hatte den Einbruch bemerkt und rief die Polizei kurz nach Mitternacht zu dem Gebäude in der Apfelwicklerstraße. Dort fanden die Beamten im Erdgeschoss nur noch die leere Vitrine für das Kunstwerk „24kt“ vor. Polizeiintern ist von einem „schadenträchtigen Kunstdiebstahl“ die Rede. Mehrere Spurensicherungstrupps rückten an. Die Ermittler für Kunstdelikte beim LKA hatten den Fall am Morgen übernommen.

Innerhalb der Polizei ist es offenbar zu Pannen gekommen

Der Verdacht der Ermittler richtete sich schnell auf Familienmitglieder des berüchtigten Clans R. – nach Tagesspiegel-Recherchen gab es sogar eindeutige Hinweise auf mögliche Tatpläne. Wenige Tage vor dem Einbruch sollen Observationsteams der Polizei Clanmitglieder im Umfeld der Schule beobachtet haben. Ermittler vermuten, dass sie das Gebäude ausgekundschaftet haben. Zum Test soll auch die Alarmanlage ausgelöst worden sein.

Wegen der Vorfälle und früherer Einbruchsversuche wurde zumindest der Wachschutz verschärft. Doch innerhalb der Polizei ist es offenbar auch zu Pannen gekommen. Obwohl die Clanmitglieder vor der Schule beobachtet wurden und eine mögliche Gefahr für die Goldskulptur festgestellt worden war, sollen die Schutzmaßnahmen der Polizei nicht verschärft worden sein.

Sowohl der Lagedienst der örtlichen Direktion 6 und das Lagezentrum im Polizeipräsidium waren informiert. Probleme soll es vor dem Einbruch am Mittwoch auch mit den Alarmanlagen gegeben haben, sie war zeitweise ausgefallen.

Das Kunstwerk war im November 2018 enthüllt worden

Die Vitrine, in der sich das Nest befand, war schussfest, voll verschweißt und vielfach gesichert. „Das Kunstwerk war besser gesichert als die Goldmünze im Bode-Museum“, sagte der Steglitzer Künstler Thorsten Goldberg. Es habe elektronische und mechanische Vorkehrungen gegen Diebstahl gegeben – auf Empfehlung der Polizei. Nachdem die Fuchsberg- Grundschule im Ortsteil Biesdorf ihren Neubau bezogen hatte, war das Werk im November 2018 enthüllt worden.

„Es ist wirklich bitter“, sagte der Schulstadtrat von Marzahn-Hellersdorf, Gordon Lemm (SPD). „Wir hatten gehofft, dass das durch die Sicherheitsvorkehrungen nicht passiert.“ Lemms Angaben zufolge drangen die Einbrecher trotz Sicherheitsglas über ein eingeschlagenes Fenster in die Schule ein. „Die müssen mit Spezialwerkzeug angerückt sein“, vermutet der Stadtrat.

Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund 90.000 Euro

Schon wenige Tage nach Übergabe des Nestes hatte es einen ersten Einbruchsversuch gegeben: Unbekannte Täter wollten im November ins Gebäude gelangen, waren aber an der Eingangstür gescheitert. Danach sei die Tür verstärkt worden, berichtete Stadtrat Lemm. Ein weiterer Einbruch sei Ende Februar gescheitert. Jetzt hätten die Einbrecher doch noch einen Schwachpunkt ausgekundschaftet. Über ein Fenster gelangten einst auch die Münzdiebe ins Bode-Museum.

Die 74 Zweige des Nestes bestehen aus 814 Gramm 999er-Feingold, was Ende 2018 einem Wert von 28.000 Euro entsprach und inzwischen 30.000 Euro kosten würde. Der Gesamtschaden inklusive Honorar für den Künstler, Vitrine und weiterer Sicherheitstechnik belaufen sich auf rund 90.000 Euro.

Die 100 Kilogramm schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“ war im März 2017 aus dem Bodemuseum gestohlen worden. Von der Münze mit einem damaligen Goldwert in Höhe von rund 3,75 Millionen Euro fehlt seitdem jede Spur. Mitglieder der deutsch-arabischen Großfamilie R. stehen im Verdacht mit dem Erlös aus dieser Tat den Kauf von Immobilien finanziert zu haben.

Wie ist das Kunstwerk versichert?

„Einen Ersatz wird es für das Goldnest wohl nicht geben“, sagte Stadtrat Lemm. Noch nicht geklärt ist, ob das Kunstwerk versichert ist – und über wen. Als Eigentümer kämen das Land, der Bezirk, die Schule oder der Künstler infrage. Das Kunstwerk von Thorsten Goldberg sollte die Fantasie der Schüler anregen – und Ziel von Wünschen und Träumen sein.

„Durch eine Beteiligung und Mitsprache soll Gemeinschaft entstehen, in der Vitrine bleibt dann eine Dokumentation über das Goldene Nest zurück“, hieß es nach dem Juryentschluss für das Kunstwerk Ende 2014.

Genau 14 Jahre nach der Enthüllung sollte die Schulgemeinschaft, auch die Ehemaligen, entscheiden, was mit dem Schatz geschehen soll: behalten oder einschmelzen und davon etwas für die Schule beschaffen? Diese Entscheidung ist der Schulgemeinschaft jetzt abgenommen worden.

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