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Berlin: „Gottes Segen ist nicht korrumpierbar“ BERLINER DOM

Bischof Huber kritisiert in seiner Predigt im Dom die USA

Antworten hatte Bischof Huber nicht. Wie die Ängste besiegen? Wie die Wut bekämpfen? Anders als bei anderen ökumenischen Gottesdiensten ging es gestern Abend im Dom nicht darum, Hilfen zu stellen für die, die hilflos in die Kirche geflüchtet waren, nachdem sie vom Beginn des IrakKrieges gehört hatten. Diesmal ging es dem Oberhaupt der evangelischen Kirche in Berlin darum, die Christen auf einen Standpunkt einzuschwören. Es war eine sehr persönliche und auch politische Ansprache, die Huber hielt. „Mir will dieses Vorgehen nicht in den Kopf“, sagt er. Der Krieg sei ein Bruch des Rechts, sei fehlbares menschliches Handeln, und auf Gott könne sich dafür auch der amerikanische Präsident nicht berufen. „Wenn Bush sagt, ’God bless America’, dann klingt für mich ein Ton mit, als sei Amerika dem Segen Gottes näher als andere. Aber Gottes Segen ist nicht korrumpierbar“, sagte Huber.

Es war recht leer geblieben. Vielleicht lag’s an den Absperrungen, die auch den Dom umschlossen. Vielleicht wollten die Menschen lieber vor den Fernsehern bleiben, um die Ungewissheit zu stillen, rätselte Landeskirchensprecher Reinhard Lampe. Nur rund 250 waren gekommen, darunter Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, Berlins Justizsenatorin Karin Schubert (alle SPD) und Bürgermeister Harald Wolff (PDS).

Der katholische Erzbischof Sterzinsky hielt am Abend keine Rede. Er hatte erst am Morgen in der Hedwigs-Kathedrale den jährlichen katholischen Militärgottesdienst abgehalten. Vor ihm saßen junge Katholiken, die ausgerechnet an diesem Nachmittag in der Julius-Leber-Kaserne ihr Gelöbnis als Bundeswehrsoldaten ablegen sollten. „Als wir dieses Datum festlegten, war nicht abzusehen, dass das der Tag sein würde, an dem die Waffen sprechen“, sagte Sterzinsky. Zwar bedauert auch er die Entscheidung der USA, den Irak anzugreifen, aber er sagt: Auch jene, die sich dazu entschieden hätten, täten dies erklärtermaßen, um den Frieden zu sichern.

Beim Gelöbnis in der Kaserne in Wedding hörten kurze Zeit später dann alle 500 Rekruten des Wachbataillons ähnlich abwägende Töne: Vor etwa 2000 Gästen äußerte Oberstleutnant Peter Utsch Skepsis am Sinn des Angriffs auf den Irak. Er gab zu bedenken, dass die Mittel der Diplomatie nicht ausgeschöpft gewesen seien. Zudem würde die Mehrzahl der Staaten den Waffengang ablehnen. „Überraschend deutliche Worte“, kommentierte ein Feldwebel nach dem Gelöbnis.

Jede volle Stunde lud die Gedächtniskirche gestern ab zwölf Uhr zur Friedensandacht. Während Kirchenobere in ganz Deutschland den Krieg verurteilen, blieb der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche, Martin-Michael Passauer, unpolitisch: „Was wir als Christen tun können, ist beten.“ Gebete für den Frieden finden ab jetzt an allen Wochentagen um 12 und um 18 Uhr statt. das/eck/rcf

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