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Berlin: Grafitti-, aber leider auch fahrgastabweisend - mit den Holzsitzen macht sich die BVG nicht nur Freunde

Gar nicht so leicht, einen der U-Bahnwaggons mit den neuen Holzsitzen aufzuspüren, die die BVG seit drei Wochen auf den Linien Eins, Zwei und Vier im Probebetrieb hat. Mit den farbabweisenden Sperrholzbänken will der Verkehrsbetrieb Graffiti-Sprühern den Wind aus den Segeln nehmen.

Gar nicht so leicht, einen der U-Bahnwaggons mit den neuen Holzsitzen aufzuspüren, die die BVG seit drei Wochen auf den Linien Eins, Zwei und Vier im Probebetrieb hat. Mit den farbabweisenden Sperrholzbänken will der Verkehrsbetrieb Graffiti-Sprühern den Wind aus den Segeln nehmen. Unter den 660 Kleinspurwaggons, die durch das U-Bahnnetz rattern, sind die vier Testvehikel aber nur schwer auszumachen. "Die Wagen sind bei uns heute leider nicht im Einsatz", sagt ein BVG-Mitarbeiter auf der Linie Vier bei einem spontanen Besuch der Station Innsbrucker Platz. Gab es schon Schmierereien? "Und wenn. Das kann man von den Bänken ja abwischen". Er glaube allerdings nicht, dass es dadurch weniger Graffiti gebe, sagt der Mann in Blau.

Zweiter Anlauf, diesmal nach einer gezielten Nachfrage bei der BVG. Waggon 650 ist mit den neuen Bänken ausgestattet. Um 13.05 Uhr soll er in den U-Bahnhof Bülowstraße einfahren. "Linie Zwei: Nächster Zug Richtung Vinetastraße in fünf Minuten", steht um 13 Uhr auf einer der neuen Anzeigentafeln - ebenfalls im Testbetrieb. An der Spitze des Zuges fährt Nummer 650 ein. Kein Grafitto, keine Schramme verunziert seine kiefernfarbenen und ergonomisch geformten Sitze. Nur über die Scheiben ziehen sich hässlich gekratzte Buchstaben.

Vor dem Potsdamer Platz verschwindet der Zug im Tunnel. "Die sehen schön aus, aber man sitzt etwas unbequem", sagt ein Fahrgast zu dem neuen Möbel. "Hart", lautet auch das Urteil einer Dame mit Buch. Alle Züge damit aussstatten? "Nee". Die Polstersitze seien "farbenfroher", sagt ihre Nachbarin. "Ganz angenehm" findet eine andere Frau die neuen Bänke. Weil jeder eine eigene gewölbte Holzfläche zum Sitzen hat, "kann man sich nicht so auf die Pelle rücken". Man müsse "das Übel an der Wurzel packen", Sachbeschädiger härter bestrafen, sagt ein Handwerker. Die durch den Einbau entstehenden Mehrkosten schlügen sich doch sicher auf den Fahrpreis nieder.

"Bislang keine Beschädigungen", heißt es auch in der BVG-Zentrale. Wie berichtet, sind die neuen Sitzgelegenheiten mit einem farbabweisenden Lack überzogen, Kratzer könnten abgeschliffen werden. Das kommt laut BVG billiger, als ständig aufgeschlitzte und beschmierte Polstersitze zu erneuern. 14 000 Stück hat das Verkehrsunternehmen 1998 ausgewechselt. 2,8 Millionen kosteten die Reparaturen. Holz kommt pro Sitz mit etwa 400 Mark um 200 Mark billiger als Polster. Ob Sperrholz irgendwann zum neuen Sitzstandard wird, hängt auch von der Kundenbefragung ab, die derzeit läuft. Mehrkosten entstehen dem Unternehmen vorerst nicht. Für die Probephase stellt der westdeutsche Produzent die Möbel gratis zur Verfügung.

Tobias Arbinger

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