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Berlin: "Grease": Ein Star wird geboren

Ist sie ein Star? Rebecca Rosenbauer überlegt nicht lange: "Da muss man beständig Erfolge haben.

Ist sie ein Star? Rebecca Rosenbauer überlegt nicht lange: "Da muss man beständig Erfolge haben." Viel mehr, als an einem Casting teilgenommen zu haben, könne sie jedoch nicht vorweisen. Aber da gibt es noch ein wichtiges Detail. Rebecca Rosenbauer, 28, ist Tochter von Hans-Jürgen Rosenbauer, Intendant des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg. Also ein Prominentenkind. Die Boulevardmedien sind sich daher sicher: Noch ein bisschen Marketing, und die Stadt hat Ariane Sommer vergessen. Aber Rebecca Rosenbauer hat sich noch gar nicht entschieden, ob sie ihre neuen Rollen annehmen will. Das wäre erstens die Rolle in "Grease" und zweitens die Rolle als Berliner Star. Ein Protokoll der vergangenen Tage:

Dienstag. In der Charlottenburger Ballettschule "Raffaela Renzi" sitzt Rebecca Rosenbauer zusammen mit ihrer Freundin auf dem Boden. Beide sind hier, weil sie auf den Monitoren in der U-Bahn von einem Casting für das Musical "Grease" gehört hatten. Was sie können, haben sie gerade gezeigt. Aber erst jetzt wird Rebecca Rosenbauer die Tragweite deutlich: "Ich dachte, es wäre eine kleine Produktion und nicht das Schiller-Theater. Da rechne ich mir keine Chancen aus." Dass die beiden besten Kandidaten schon zwei Tage später nach New York fliegen sollen, um sich dort ein weiteres Mal zu beweisen, weiss sie nicht. Rebecca schafft es schließlich doch. Gemeinsam mit Henrik Zietz wird sie zum Broadway jetten. Sie freut sich. Als sie ihren Vater mit der Nachricht überraschen will, ist der bereits informiert: Die Bild-Zeitung war schneller.

Mittwoch. Statt in Ruhe die Koffer zu packen, klingelt das Telefon. Wieder die Bild-Zeitung. Nein, sagt sie, eine Homestory möchte sie nicht. Sie verabredet sich dennoch mit den Redakteuren an der Friedrichstraße, um für ein Foto dekoratv in die Luft zu springen. Die schöne Tochter vom ORB-Chef, so beschreibt sie das Blatt. Auch Vater und Mutter, die sich in den 70ern haben scheiden lassen, werden befragt. Bei der B.Z. kriegen die Redakteure den Kopf gewaschen, weil sie die Rosenbauer-Story nicht ausgeschlachtet haben.

Donnerstag. Wieder klingelts in der Neuköllner Wohnung. Diesmal an der Wohnungstür und diesmal im Morgengrauen. Ein Chauffeur bringt sie zum Flughafen Tegel, wo sie via Zürich nach New York fliegt. Rebecca Rosenbauer ist müde, als sie am Broadway ankommt, wird aber wieder wachgerüttelt. Mehrere hundert Kandidaten stehen in der traditionellen Musical-Schmiede Schlange, um mit "Grease" in Berlin auf der Bühne zu stehen. Broadway 890: Das ist ein zehngeschossiger Bau, mit Probenräumen so groß wie Festsäle. Hier nahm Michael Bennetts "A Chorus Line" Gestalt an. Und hier wurde auch der "Glöckner von Notre Dame" einstudiert.

In Berlin ist es schon nachts, als sich Rebecca Rosenbauer und Henrik Zietz schließlich am Broadway vorstellen. Ihnen wird schnell klar: Die anderen Kandidaten singen und tanzen in einer anderen Liga. Aber die Jury ist wohlgesonnen. Am Tisch sitzt Jim Lenny, mit Sonnenbrille, obwohl von draußen kaum noch Licht herein fällt. Er ist der Casting-Chef für die Musical-Produktion und attestiert den Berlinen "Talent". Immerhin. Wolfgang Bocksch, Produzent der Show, ist jedoch begeistert: "Ganz, ganz toll." Rebecca Rosenbauer hingegen ist begeistert von den anderen Kandidaten. Mit "wenig Konkurrenzgehabe" beschreibt sie die Stimmung in der Truppe. Abends ist ein Drehtermin arrangiert: die Berliner Musical-Hoffnungen am glitzernden Times Square.

Freitag. In der Lobby des Paramount-Hotel an der 46. Straße sitzen Rebecca Rosenbauer und Henrik Zietz beim Frühstück. Kaffee und Tee werden kalt. Die beiden kommen nicht zum Trinken, so viele Fragen müssen sie beantworten. Trotz des Rummels beteuern sie, locker bleiben zu wollen. Henrik sagt: "Ich freue mich über die PR, vielleicht kann sie uns nutzen, auch wenn wir nicht genommen werden." Rebecca sagt: "Musical ist nicht mein Traumziel." Wieder Henrik: "Der Rummel entsteht auch, weil wir wirklich etwas gleistet haben, nicht so wie bei den Leuten in einem Fernseh-Container. Ein Deppen-Star zu sein, ist dämlich." Er muss noch heute wieder zurückfliegen. Denn morgen singt und spielt er in einem Kurt-Weill-Stück in Bitterfeld.

Sonnabend. Rebecca Rosenbauer soll noch einmal vortanzen. Doch stattdessen sitzt sie abwechselnd im Hotel und in Bürofluren erwartungsvoll herum. Abends dann spricht Wolfgang Bocksch die erlösenden Worte: Er werde ihr die Rolle der Chacha anbieten, sagt der Produzent. Auch Henrik Zietz soll ein Platz im Ensemble bekommen.

Sonntag. Im Taxi auf dem Weg zum John-F.-Kennedy-Flughafen fallen Rebecca Rosenbauer die Augen zu. Sie ist müde. Ob sie die Rolle annehmen will, ist noch nicht klar. "Ich werden am Donnerstag nach Frankfurt zu meiner Mutter fahren, mir das Stück ansehen und dann entscheiden." Ihre Verwandschaft in New York hat sie nicht besuchen können. Dafür war keine Zeit.

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