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Platz für alte Pötte. Die Betreiber des Historischen Hafens würden hier gern ihre schwimmenden Schätze präsentieren.

© Simulation: Historischer Hafen

Grenzsteg am Osthafen: Der verborgene Schatz an der Spree

Gegenüber dem Osthafen bröckelt ein Stück Grenzanlage vor sich hin. Das Ganze soll sich in eine Attraktion für die Stadt verwandeln.

Er ist ein Relikt der Teilung Berlins: der Betonsteg in der Spree zwischen Lohmühleninsel und der Molecule-Men-Skulptur. Seit dem Mauerfall bröckelt die Anlage, die der Grenz- und Zollabfertigung diente, vor sich hin. Eigentlich sollte sie schon abgerissen werden, so kaputt ist sie. Doch jetzt soll der Steg denkmalgerecht hergerichtet werden – für den Wassertourismus. Der Eigentümer, das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin (WSA) hat die 480 Meter lange Ruine zum Verkauf ausgeschrieben. Mehrere Berliner Investoren reichten bereits Konzepte ein.

„Stadt im Fluss“ heißt das Projekt von Bob Shahrestani von der Veranstaltungsagentur Workisplay. 1,8 Millionen Euro wollen er und seine Partner wie der nahe gelegene Club der Visionäre investieren und den Steg in seinen ursprünglichen Zustand versetzen. Drumherum soll aus Schiffen ein schwimmender Kiez entstehen. Weil der T-förmige Steg keine Verbindung zum Ufer hat, möchte Shahrestani eine Zugangsbrücke bauen. Im östlichen Teil könnten ein historisches Hotelschiff und zwei Serviceschiffe festmachen sowie Bootsanlegeplätze entstehen. Westlich der Zugangsbrücke sollen Charterboote und ein Ausstellungs- und Imbissschiff liegen, am Ende der Anlage, vor der Lohmühleninsel, empfängt ein Restaurantschiff die Besucher. Zudem können Fahrgastschiffe den Steg ansteuern. Die Reederei Riedel denkt darüber nach, hier einen Spreeshuttle vorbeizuschicken, der regelmäßig zwischen East-Side-Gallery und Jannowitzbrücke verkehrt. Vielleicht geht die Fahrt sogar bis zum neuen Riedel-Hafen am früheren Rundfunkgelände in der Nalepastraße in Oberschöneweide, wo Shahrestani auf dem Nachbargrundstück eine Strandbar betreibt.

So könnte das Treptower Spreeufer aussehen, wenn der marode Steg renoviert wird. Dieser Entwurf sieht in der Mitte eine Solaranlage vor.
So könnte das Treptower Spreeufer aussehen, wenn der marode Steg renoviert wird. Dieser Entwurf sieht in der Mitte eine Solaranlage vor.

© Simulation: Osthafensteg UG

Wenn die brüchige Anlage eines Tages mal eine Attraktion ist, dann wird sich der eine oder andere vielleicht noch an den massiven Protest im Jahr 2010 erinnern. Er verhinderte den Abriss und erreichte, dass der Mauerteil unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der Steg wurde 1962 als Wassersperre errichtet, nachdem das Ost-Berliner Ausflugsschiff „Friedrich Wolf“ über den hier in die Spree mündenen Landwehrkanal in den Westen entkommen war. Es gab sogar einen Wachturm und Sperrgitter, die aber nach der Wende abgerissen wurden. Betreten darf man den Steg heute nicht mehr: Er hat Risse, und viele der 258 Stützen aus Stahlbeton sind wacklig. „Die Standsicherheit ist nicht mehr gegeben“, sagt Gerrit Riehmer vom WSA. Es gibt also jede Menge zu tun.

Doch auf das Abenteuer will sich auch die Osthafensteg UG um Geschäftsführer Michael Gödde einlassen. Zu deren Konzept gehört auch das Gedenken an die Teilung. „Die Steganlage soll vollständig erhalten werden und mit drei Aussichtspodesten öffentlich zugänglich werden“, sagt Gödde. So könnten die Besucher das Ausmaß des früheren Grenzstegs, der immer noch bedrohlich wirkt, am besten erkennen. Markenzeichen soll jedoch ein 35 Meter hoher Solarturm im Westteil der Anlage sein, der die Verbindung in die heutige Zeit herstellt. Denn auch Nachhaltigkeit gehört zu diesem Konzept. „Die Solarpaneele folgen dem Sonnenstand“, sagt Gödde. Neben dem Turm gibt es folgerichtig eine Solartankstelle und einen Solarbootverleih. Sollte der 35 Meter hohe Turm auf Ablehnung stoßen, würde Gödde stattdessen flacheren Solarkristall bauen. Im östlichen Teil der Anlage ist ein neuer Hafen für Sport- und Hausboote sowie historische Salonboote geplant. Auch ist ein Restaurantschiff vorgesehen. 3,5 Millionen wollen Gödde und seine Mitstreiter investieren.

Zehn Konzepte liegen dem Wasser- und Schifffahrtsamt vor, das sich am Dienstag mit der Senatsverwaltung für Umwelt und den Bezirksbürgermeistern von Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick trifft, um das beste auszusuchen. Diesem Tag blicken die Vertreter des Historischen Hafens mit großer Hoffnung entgegen, die gern spreeaufwärts ziehen würden. Ihre rund 30 Schiffe liegen derzeit an der Fischerinsel in Mitte. Aber dort ist es mittlerweile zu eng geworden, weshalb einige der Boote verlegt werden sollen, darunter der Theaterkahn „Helene“ und das Fahrgastschiff „Heinrich Zille“. In einem zweistöckigen, 60 Meter langen Containerbau wollen die Hafenleute ein Museum zur lokalen Schifffahrtsgeschichte einrichten. Parallel zum alten Steg soll ein zweiter, 300 Meter langer Steg entstehen. In drei bis fünf Jahren könnte alles fertig sein.

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