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Berlin: Größe des Herzens

Persönliche Erinnerungen bestimmten die Gedenkfeier für Stephen Kellen, den Stifter der American Academy

Was macht einen wirklich großen Menschen aus? Richard von Weizsäcker, Richard Holbrooke, Klaus Wowereit und sieben andere Redner versuchten bei der Gedenkfeier für den kürzlich verstorbenen Menschenfreund und Banker Stephen M. Kellen Antworten auf diese Frage. Eines wurde dabei deutlich: Es ist weder Macht noch Reichtum. Es sind menschliche Tugenden, vor allem die Großzügigkeit des Herzens, die dazu führt, dass sich bei der Würdigung eines Lebens niemand in Floskeln flüchten muss.

„Ich bin ein New Yorker geworden, aber ein guter Berliner geblieben“, das war ein häufig zitierter Satz des Mannes, dessen Familie vor den Nazis fliehen musste und gleich nach dem Krieg begonnen hat, seiner alten Heimat zu helfen. Die meisten Emigranten sahen mit Ärger und Abscheu zurück, sagte Gary Smith. Dass Kellen es vor zehn Jahren durch eine großherzige Spende ermöglicht hat, im Elternhaus seiner Frau die American Academy zu etablieren, wird ihn für alle Zeiten unvergesslich machen. Davon zeigten sich unter anderem die ehemaligen Regierenden Bürgermeister der Stadt Klaus Schütz und Eberhard Diepgen, der Regisseur Volker Schlöndorff und der Historiker Fritz Stern überzeugt. So viele prominente Gäste waren gekommen, dass eigens ein Zelt aufgebaut werden musste im Garten der American Academy, dem gleichen Garten, in dem der Philanthrop einst seine spätere Frau Anna Maria umworben hatte, mit der er 64 Jahre bis zu seinem Tod verheiratet blieb.

Richard von Weizsäcker erinnerte an die inspirierende, blühende Stadt, in der Stephen Kellen das Französische Gymnasium besuchte und würdigte seine Haltung nach dem Krieg, die Hilfe statt Hass und Ermutigung statt Demütigung versprach und Grundlage war für eine geistige Begegnungsstätte, „die von der Unzerstörbarkeit unserer transatlantischen Wurzeln“ zeugt.

Bernhard von der Planitz, oberster Protokollchef des Landes und von Berufswegen mit vielen hochrangigen Persönlichkeiten bekannt, sagte in einer sehr persönlichen Rede, dass Stephen Kellen der charmanteste, großzügigste, witzigste und weiseste Mann gewesen sei, den er je kennen gelernt habe. Er erinnerte sich an den Erfolg eines Gesprächs mit zwei PDS-Politikerinnen, das Vorurteile auf beiden Seiten gebrochen habe. „Er war ein großer Mann“, sagte auch Richard Holbrooke. Er habe „wenige Menschen getroffen hat, die wirklich groß waren und viele, die es von sich dachten.“ Stephen Kellen wäre überrascht gewesen über diesen Vormittag, „denn er war völlig unfähig, sich selbst als großen Mann zu sehen.“

Seine Tochter Marina erzählte, wie er 1936 über London nach New York gekommen war, sich zunächst in der 70. Straße ein Apartment teilte mit John Stresemann, dem Sohn des früheren Reichskanzlers. Sie erinnerte sich an Nachmittage in den Kunstgalerien von New York, dass er ein Baseball-Fan war. Und dass er dennoch immer die ideale Verkörperung des europäischen Gentleman gewesen sei, der bescheiden lebte, seit 1936 die gleiche Uhr trug und immer die Worte des Franz von Assisi zitiert habe, nach denen man etwas bekommt, indem man gibt.

Es muss ihm viel bedeutet haben, an dem neuen Berlin mitzuwirken, das verriet sein Enkel Andrew: „Einer seiner Träume war, dass Berlin wieder eine weltweit bedeutende Metropole wird.“ Viele Lieblingssätze des Philanthropen mit dem reichen Leben wurden gestern Vormittag zitiert. Den schönsten von Adlai Stevenson brachte sein Enkel mit: „Es sind nicht die Jahre in deinem Leben, die zählen, es ist das Leben in deinen Jahren.“

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