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Berlin: Große Neugier, tiefe Weisheit

Gary Smith über Stephen Kellen, den Stifter der American Academy

Manchmal hat man das Glück, Menschen zu begegnen, deren Charakter sie unvergesslich machen. Es war Stephen Kellens Integrität, sein altväterlicher Charme, seine unerschöpfliche Weisheit, die für mich das ältere Deutschland beschworen, das meine Großeltern verlassen mussten. Der erfolgreiche New Yorker InvestmentBanker und Mäzen vereinte in sich das Beste aus beiden Welten. Und wenn sich in fast jeder Woche seine Stimme über das Telefon ankündigte: „Here is Stephen Kellen“, versuchte ich das Gespräch so lange als möglich zu halten. Es gab keinen besseren und klügeren Resonanzboden für mich, um neue Ideen zu testen.

Seine Leidenschaft für Berlin galt auch der Zukunft der Stadt, von der er überzeugt war. Großzügig unterstützte er, was ihn in seiner Jugend berührt hatte, das alte Berlin – vom Französischen Gymnasium zum Berliner Zoo und den Berliner Philharmonikern –, zugleich engagierte er sich unermüdlich für die kulturelle und wirtschaftliche Erneuerung der Stadt. Richard Holbrooke, der frühere amerikanische Botschafter, würdigte ihn mit diesen Worten: „Er war ein großer Mann. Er betrieb mit Energie und Weitsicht die Wiederaufrichtung des Landes, das ihn vertrieb“.

Immer wieder habe ich Menschen getroffen, deren Leben er geprägt hat. Der erste war Marcus Bierich, der legendäre Bosch-Chef, der in seinem Bankhaus ein Praktikum absolvierte. Unvergesslich sind die jährlichen Fundraising-Essen für eine Musikschule, die seine Frau Anna-Maria gab und denen Sir Simon Rattle, John Corigliano und der große Kellensche Freundeskreis beiwohnten. Erst recht im Gedächtnis bleiben die Stunden in ihrem Apartment an der Park Avenue – inmitten wundervoller Bilder von Klee und Ernst –, in denen wir über Berlin und New York sprachen und er mit der Fülle seiner Kenntnisse und Beziehungen überraschte.

Stephen Kellen war eminent neugierig. Er war dankbar dafür, dass er ein so langes Leben hatte, um seinen Interessen nachzugehen. Fast jedes Gespräch kam irgendwann zu dem Bekenntnis, dass es unglaublich sei, was man in einem Leben erleben kann, und endete mit der Sentenz: „Carpe diem“. Er war ein Vorbild in vielerlei Hinsicht. Seine Wirkung wird andauern – auch dank des Hans-Arnhold-Hauses, in dem wir heute arbeiten: Dort hat er vor rund sieben Jahrzehnten seine Frau Anna-Maria kennen gelernt. Vielleicht hat auch das sein Engagement für die Academy beflügelt…

Gary Smith leitet die American Academy

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