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Berlin: Große Reform: Die Schutzpolizei soll der Kripo Arbeit abnehmen

Flexible Dienstgruppen / Neue Aufgaben für die KOBs VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH Berlin.Die Berliner Polizei soll gründlich reformiert werden, um die wachsende Kriminalität in der Stadt wirksamer bekämpfen zu können.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Flexible Dienstgruppen / Neue Aufgaben für die KOBs VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH

Berlin.Die Berliner Polizei soll gründlich reformiert werden, um die wachsende Kriminalität in der Stadt wirksamer bekämpfen zu können.Ein Teil der Kripo-Arbeit soll auf die Schutzpolizei übertragen, die Kontaktbereichsbeamten stärker in die Ermittlungsarbeit einbezogen und der Funkstreifendienst auf eilbedürftige Fälle konzentriert werden.Herzstück der Polizeireform, die Innensenator Jörg Schönbohm und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gestern im Innenausschuß des Abgeordnetenhaus vorstellten, sind flexible, "außenorientierte" Dienstgruppen mit einer Kernarbeitszeit zwischen 6 und 22 Uhr, deren Mitarbeiter zu Fuß, per Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein werden. Der Vorteil für den Bürger: Er hat - in der Regel - durchgängig nur noch einen Ansprechpartner, der seinen Fall von Anfang bis zum Ende bearbeitet; die örtlichen Polizeiabschnitte sollen mehr Eigenverantwortung zeigen und sich künftig auch um "mittelschwere Fälle" kümmern.Bisher beschränkt sich die Schutzpolizei weitgehend auf Bagatellfälle, zur Zeit werden nur 21 Prozent aller Straftaten vor Ort bearbeitet.Mit 58 Prozent der Fälle befassen sich die Direktionen, und die Schwerst- und organisierte Kriminalität (22 Prozent) ist Sache des Landeskriminalamts (LKA).In Zukunft sollen sich die Spezialisten des LKA nur noch um jede zehnte Straftat kümmern, auch die Direktionen werden spürbar entlastet, während die Polizeiabschnitte mit Hilfe der neuen Dienstgruppen 55 Prozent der anfallenden Straftaten allein bewältigen sollen. Öffentliche Befürchtungen, daß sich der Bürger im Notfall nicht mehr auf den Polizeiruf 110 verlassen könne, weil nur noch in jedem fünften Fall der Funkwagen käme, bezeichnete Innensenator Schönbohm gestern als "Affenquatsch".Polizeipräsident Saberschinky räumte jedoch ein, daß die Einsatzzentrale in Zukunft "stärker filtern" werde.Der Einsatzwagen soll nur noch dann sofort kommen, wenn "Leib und Leben oder bedeutende Sachwerte" gefährdet sind, oder wenn der "Verlust wichtiger Beweismittel" droht.Alle übrigen Einsätze, sichert die Polizeispitze zu, würden "zeitnah von den Mitarbeitern der Dienstgruppe abgearbeitet". Innensenator und Polizeipräsident kündigten gestern an, daß ihr Reformkonzept polizeiintern breit diskutiert und ab Jahresende 1997 zunächst in einer Direktion - als Pilotprojekt - erprobt werden soll.Die neue Arbeitsweise und eine bessere Ausbildung könne dazu beitragen, die Schutzpolizei stärker zu motivieren und die Verbrechensbekämpfung trotz der Finanz- und Personalknappheit zu verbessern."Unsere Mitarbeiter werden völlig umdenken müssen", meinte Saberschinsky.Die neuen Pläne stießen nicht nur bei den Regierungs- sondern auch bei den Oppositionsfraktionen im Innenausschuß auf positive Resonanz."Endlich klopft die Verwaltungsreform bei der Berliner Polizei an", kommentierte Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland. Ein großes Problem, auch darin waren sich alle einig, müsse aber gelöst werden, damit die Reform nicht schon im Ansatz scheitere: Mit der Umorganisation des Polizeidienstes droht der Wegfall von Zulagen, was einem erheblichen Einkommensverlust für viele Polizeibeamte gleichkäme.Der Polizeipräsident sprach von einer rechtlich komplizierten, schwer lösbaren "Kardinalfrage".Saberschinsky rechnet ohnehin damit, daß seine Pläne innerhalb der Polizei sehr kritisch diskutiert werden.Sein Stellvertreter, der LKA-Chef Dieter Schenk, habe das neue Konzept "im Grundsatz, wenn auch teilweise zähneknirschend", akzeptiert.Außerdem, so sagte der CDU-Abgeordnete Harald Grieger, gingen mit der Umorganisation der Polizei Investitionen einher, die erst einmal bezahlt werden müßten.

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