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Das lange Bangen.

© dapd

Berlin: Großer Knall, großer Ärger

Bomben in Oranienburg unschädlich gemacht – Verzögerung durch Leichtsinn.

Oranienburg - Mit einem dumpfen Knall und einer bis 40 Meter über die Baumwipfel ragenden Rauchsäule endete kurz nach 19 Uhr eine der aufregendsten Tage in der jüngeren Geschichte der Stadt Oranienburg nördlich Berlins. Denn es wurden am Donnerstag gleich zwei Blindgänger unschädlich gemacht – die Nummer 137 und 138 seit der Wende. Entsprechend erleichtert wischten sich die Sprengmeister den Schweiß aus den Gesichtern und betrachteten aus sicherer Entfernung den Trichter. Gerade waren hier Teile einer 250-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gesprengt worden. Wenig später signalisierte die Sirene die Aufhebung des Sperrkreises rund um den Fundort in der Nähe des Bahnhofes.

1500 Menschen konnten in ihre Wohnungen zurückkehren. Noch bis nach 20.30 Uhr hielten keine Regionalbahnzüge in Oranienburg. Die S-Bahn-Linie 1 endete bereits in Birkenwerder, von dort fuhren Busse in die rund 40.000 Einwohner zählende Stadt.

Am Nachmittag war von dem Team um Sprengmeister Horst Reinhard vom Kampfmittelbeseitigungsdienst im südlichen Stadtteil an der Küsener Straße bereits eine in 2,50 Meter Tiefe entdeckte Fliegerbombe entschärft worden. „Das ist schon eine große Herausforderung gewesen“, sagte Reinhard. Dabei reagierte er sehr ärgerlich über einen Zwischenfall in der Mittagsstunde. Mitten in der höchsten Anspannung erhielt er von der Polizei die Aufforderung, sofort die Arbeiten einzustellen. Zwei Männer hatten mit einem Auto die Absperrungen durchbrochen und damit einen Alarm ausgelöst. „Durch die unglaubliche Leichtsinnigkeit hat sich die Entschärfung um mindestens zwei Stunden verlängert“, sagte Stadtsprecher Björn Lüttmann. „Denn die komplizierte Maschine zur Abtrennung des Sprengkopfes musste abgestellt werden. Sie verstopfte dadurch und ließ sich nur nach einer aufwendigen Säuberung wieder in Gang setzen.“ Die Polizei hat die Ermittlungen zu diesem Vorfall aufgenommen. Deshalb konnten die vorsorglich bis 19 Uhr Uhr evakuierten 4000 Menschen erst nach mehr als neun Stunden wieder ihre Wohnungen aufsuchen.

Insgesamt hatten 162 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt und Wachschutz die Sperrungen von Straßen kontrolliert. Sie wiesen den betroffenen Einwohnern den Weg in die als Aufenthaltsorte vorbereiteten Gaststätten, Pflegeheimen und Kirchen. Dort herrschte eine recht unterschiedliche Stimmung. „Wir sind ja als Oranienburger solche aufregenden Situationen gewöhnt“, meinte Anneliese Böttger. „Aber seit dem Brand in München sind wir doch etwas in Unruhe.“ Herumfliegende Splitter und in Brand geratenes Stroh hatten dort am Dienstagabend bei der Sprengung einer 250-Kilo-Bombe erhebliche Schäden angerichtet. „Nach unseren Erkenntnissen haben in Bayern die eingesetzten Bomben-Fachleute einer privaten Firma aus Oranienburg das zur Dämmung ausgelegte Stroh nicht gewässert“, sagte Stadtsprecher Lüttmann. „Bei uns ist nur der staatliche Kampfmittelbeseitigungsdienst im Einsatz und der achtet peinlich genau auf ausreichende Feuchtigkeit der Strohballen.“

Im Oranienburger Stadtgebiet werden noch rund 300 Blindgänger vermutet. Sie waren bei den alliierten Angriffen auf mehrere Rüstungsbetriebe und den Bahnhof 1944 und 1945 nicht explodiert. Die meisten haben einen chemischen Langzeitzünder, durch den die Bomben 48 Stunden oder noch später nach dem Abwurf in die Luft fliegen sollten.

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