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Berlin: Großes Theater um Napoleon

Auf einem weißen Pferd kam der kleine Mann langsam aus dem Tiergarten herangeritten, begleitet von Soldaten mit historischen Gewehren und bunten, alten Fahnen. „Vive la nation!

Auf einem weißen Pferd kam der kleine Mann langsam aus dem Tiergarten herangeritten, begleitet von Soldaten mit historischen Gewehren und bunten, alten Fahnen. „Vive la nation!“, rief ein Soldat, als Napoleon mit einem arroganten Grinsen durchs Brandenburger Tor ritt. „Quatsch, vive l’Allemagne!“, antwortete ein Berliner. Die Menge grölte.

Es war großes Theater, das sich da am Samstagnachmittag am Pariser Platz abspielte. Anlass war der 200. Jahrestag des Einzugs Napoleons in Berlin am 27. Oktober 1806, nach der siegreichen Doppelschlacht von Jena und Auerstedt. Feierlich wurde Napoleon der Stadtschlüssel überreicht, dann zog er weiter mit seiner Kaisergarde, den „Chaseur à Cheval“, über die Straße Unter den Linden hinweg zum Lustgarten. Veranstalter dieses Events „Napoleon in Berlin“ war der Verein „Historiale“ in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Berlin.

Die Spielmannszüge, die ihr Quartier nördlich des Hauptbahnhofes aufgeschlagen hatten, genossen den Applaus. Denn es waren nicht Hunderte gekommen, sondern zigtausende Berliner, die sich diesen Geschichtsunterricht auf offener Straße anschauen wollten. „Toll, dass es so unverkrampft abläuft, mal ohne Gegendemonstration“, sagte eine Frau aus Lichterfelde. Ein Mann aus Tempelhof jedoch fand die Show „ein bisschen zu volksfestmäßig, wie der Karneval in Köln“. Schließlich gehe es um Krieg, „und der Aspekt wird ausgeblendet“.

Viele Kinder schauten ehrfürchtig auf die kostümierten Soldaten, die einen Jungen an „große Playmobil-Figuren“ erinnerten. Einer dieser Soldaten („im Alltag bin ich Archäologe“) schwitzte ein bisschen unter seinem Kostüm, wobei: Kostüm darf man nicht sagen, da versteht der Soldat überhaupt keinen Spaß: „Das ist eine Uniform und kein Kostüm!“, rief er streng. Seinen scharfkantigen Säbel am Gewehrlauf ließ er aber unten.

Von Napoleon waren die Menschen sehr begeistert. Ein Franzose plauderte und plauderte auf den Napoleon-Darsteller Mark Schneider ein, bis schließlich ein Wachmann leise flüsterte, dass der Mann Amerikaner sei. Es kann eben nicht alles so sein wie damals.

Heute werden noch einmal Führungen im Rahmen des Geschichtswochenendes „Napoleon in Berlin“ durch die Stadt und Museen angeboten. Mehr Informationen im Netz: www.historiale-berlin.de.

André Görke

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