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Berlin: Grüne: Auftrags-Stopp für Tempodrom-Prüfer

Politiker verlangen Konsequenzen wegen des Verdachts, Gefälligkeits-Gutachten erstellt zu haben

Einen Tag nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen in der Tempodrom-Affäre ausgeweitet hat, werden erste Konsequenzen gefordert. „Der Senat sollte seinen Exklusiv-Vertrag mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers (PWC) kündigen“, sagt Oliver Schruoffeneger, Haushaltsexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus. Sein Kollege Carl Wechselberg von der PDS sieht das ähnlich: „Da besteht dringender Überprüfungsbedarf.“ Hintergrund ist der Verdacht der Staatsanwaltschaft, das Gutachten von PWC, das die Grundlage dafür bildete, dem Tempodrom eine millionenschwere Landesbürgschaft für den Neubau am Anhalter Bahnhof zu gewähren, sei ein Gefälligkeitsgutachten. Zu den Vorwürfen wollte sich PWC auch gestern nicht äußern.

PWC hatte im Juni 2000 für die Landesbürgschaft auf Grundlage von Unterlagen, Schriften und mündlichen Mitteilungen votiert, obwohl die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben nicht anhand der Bücher des Tempodroms geprüft worden waren. Darauf hatte PWC in dem Gutachten jedoch ausdrücklich hingewiesen. Trotzdem urteilt Schruoffeneger: „Das ist hundsmiserabel.“ Für Michael Braun (CDU), Vorsitzender im Tempodrom-Untersuchungsausschuss, ist das Gutachten „erkennbar unbrauchbar“: „Auf dieser Grundlage hätte man die Landesbürgschaft nicht gewähren dürfen.“ Für ihn stellt sich daher auch die Frage nach der Verantwortung der Mitglieder des Bürgschaftsausschusses.

Dilek Kolat, für die SPD im Untersuchungsausschuss, ruft jedoch zur Besonnenheit auf: „Verträge kann man kündigen, aber wir müssen genau hinschauen, welche Schwachstellen das Gutachten tatsächlich hat.“ Ähnlich zurückhaltend bleibt der FDP-Mann im Untersuchungsausschuss, Christoph Meyer: „Erst müssen wir die Ergebnisse der staatsanwaltlichen Ermittlungen abwarten, bevor wir urteilen, ob es ein Gefälligkeitsgutachten war.“ Für Carl Wechselberg ist das bereits klar: „Da stellt sich auch die Frage nach einem möglichen Schadensersatz.“

Anlass der Debatte: PWC und der Senat haben einen Vertrag geschlossen, der den Senat verpflichtet, alle Entscheidungen des Bürgschaftsausschusses auf Grundlage eines Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu fällen. Das heißt: Immer wenn eine Landesbürgschaft ansteht, ist PWC im Boot. Insider glauben allerdings nicht, dass es so einfach ist, eine andere Gesellschaft für die Aufgabe zu gewinnen, weil es oft mit hohem politischen Druck auf die Prüfer einhergehe. Noch schwerer sei es, Gutachten für den Bürgschaftsausschuss auszuschreiben, da bei Entscheidungen hoher Zeitdruck herrsche.

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