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Berlin: Grüne fordern: Ältere Autofahrer zum Test

74-Jähriger erlitt am Steuer einen Herzinfarkt. Der herrenlos fahrende Wagen verletzte ein Baby lebensgefährlich

Autofahrer, die älter als 65 Jahre sind, sollen alle zwei Jahre ihre „Fahrkompetenz“ nachweisen, zu der auch ein Gesundheitstest gehöre, fordert der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer. Anlass ist der schwere Unfall vom Freitagabend in Mariendorf, bei dem das Auto eines 74-jährigen Fahrers, der mit einem Herzinfarkt hinter dem Steuer zusammengebrochen war, einen Kinderwagen erfasst hatte. Das Kind befindet sich weiter in einem sehr kritischen Zustand; auch der Mann, der wiederbelebt wurde, schwebt in Lebensgefahr.

In der Schweiz müssen Autofahrer vom 70. Lebensjahr an zum Arzt, der dann die weitere Fahrtüchtigkeit bescheinigen muss. In Deutschland gilt dagegen: Wer einmal die „Pappe“ hat, kann sie auf Ewigkeit behalten, es sei denn, sie wird nach einem Gesetzesverstoß eingezogen. Zuletzt hatte sich 1998 der damalige Verkehrsminister Franz Müntefering (SPD) eine blutige Nase geholt, als er vorschlug, ein Höchstalter für Führerscheininhaber einzuführen.

Dazu gibt es nach Ansicht des ADAC keinen Grund. Autofahrer über 65 Jahre seien derzeit lediglich mit sieben Prozent an den Unfällen auf den Straßen beteiligt. Allerdings empfiehlt der ADAC seit Jahren allen älteren Autofahrern, sich regelmäßig ärztlich untersuchen zu lassen. Damit solle man schon im Alter von 40 bis 45 Jahren beginnen.

Hauptaugenmerk dabei ist bisher vor allem die Seh- und Hörfähigkeit. Wer schlecht hört, überhört zum Beispiel oft auch Martinshörner der Feuerwehr oder der Polizei. Dies geschieht allerdings auch bei jüngeren Autofahrern, wenn sie ihr Radio voll aufdrehen.

Eine freiwillige Untersuchung hätte auch den Vorteil, dass der Fahrer danach eher bereit sei, den Führerschein tatsächlich abzugeben, wenn eingesehen werde, dass man nicht mehr geeignet ist, am Straßenverkehr teilzunehmen, so der ADAC.

Dagegen vertritt Jörg Elsner vom Deutschen Anwaltverein die Forderung von Cramer. Elsner hatte bereits vor einem Jahr vorgeschlagen, für alle Senioren ab 70 eine medizinische Untersuchung verbindlich zu machen. Was sie einschließen soll, ist offen. Unklar ist auch, ob solche Untersuchungen von den Krankenkassen finanziert würden.

Einen Riesenschritt weiter will das Kuratorium für Verkehrssicherheit in Österreich gehen. Dessen Geschäftsführer Othmar Thann hat vorgeschlagen, dass Autofahrer unabhängig vom Alter mindestens alle zehn Jahre eine medizinische Bestätigung zur Fahrtüchtigkeit vorlegen müssen. Zumindest müsste dies für die Sehleistung gelten, so Thann. 97 Prozent der Unfälle passierten durch menschliches Versagen, dazu zählten auch Fehlsichtigkeit und bestimmte Krankheiten. Nur drei Prozent der Unfälle seien auf technische Mängel der Fahrzeuge zurückzuführen. Trotzdem gebe es keine Diskussion über die Vorschriften, regelmäßig die Autos überprüfen lassen zu müssen. Es sei völlig absurd, dass der Führerschein lebenslänglich zugesprochen werde, ohne dass in gewissen Abständen die körperlichen Voraussetzungen zum Autofahren getestet würden, so Thann.

Doch auch regelmäßige Gesundheitstests bieten keine Garantie. So sind auch schon Busfahrer hinter dem Steuer zusammengebrochen, obwohl für die Fahrer ärztliche Untersuchungen vorgeschrieben sind.

Gegen Reglementierungen spricht sich deshalb der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Alexander Kaczmarek, aus. Der Unfall in Mariendorf sei ein bedauerlicher Einzelfall. Gerade ältere Autofahrer seien jedoch in der Regel zurückhaltend und vorsichtig.

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