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Seit Jahren ein gewohnter Anblick: Bauarbeiten auf der Straße Unter den Linden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Rot-Rot-Grüne Verkehrspolitik in Berlin: Unter den Linden bleibt erstmal Autostraße

Die Idee der SPD, in Berlins Mitte eine Fußgängerzone einzurichten, scheint auf Eis zu liegen. Noch kein Termin für eine Machbarkeitsstudie.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Boulevard Unter den Linden, zwischen Brandenburger Tor und Berliner Schloss, soll eigentlich autofrei gemacht werden. Dieser Vorschlag, der in den Koalitionsverhandlungen von SPD, Linken und Grünen eine wichtige Rolle spielte, wurde Ende 2016 heiß diskutiert. Jetzt sieht es so aus, als sollte aus der interessanten Idee auf absehbare Zeit nichts werden. Offenbar hat der Senat das Thema nicht auf der Prioritätenliste.

Die fachlich zuständige Umwelt- und Verkehrsverwaltung kann nicht einmal sagen, wann eine Machbarkeitsstudie für eine Fußgängerzone im Herzen Berlins in Auftrag gegeben wird. „Eine genauere Terminierung ist wohl erst Ende des Jahres möglich“, teilte die Verwaltung auf Anfrage des Tagesspiegel mit. Im Moment werde Unter den Linden, am Schlossplatz und in der Karl-Liebknecht-Straße noch die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 gebaut, „so dass auch kein Handlungsdruck besteht“.

Überforderung der Berliner Straßen befürchtet

Also wird frühestens im Laufe des nächsten Jahres von Experten untersucht, ob eine Fußgängerzone Unter den Linden überhaupt machbar ist. Ursprünglich sollte diese Studie noch 2017 in Auftrag gegeben werden. Selbst wenn die Fachleute den Vorschlag befürworten sollten, dürfte – nach allen Erfahrungen mit großen Hoch- und Tiefbauprojekten in Berlin – aus dem autofreien Boulevard bis zur Berliner Wahl im Herbst 2021 nichts mehr werden. Verkehrs-Staatssekretär Jens-Holger Kirchner hatte schon im Mai in einer öffentlichen Veranstaltung seine skeptische Haltung formuliert. Ob sich die Straße dafür eigne, könne er noch nicht sagen. Kirchner stellte die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes in der City in Frage, das den Autoverkehr ersatzweise aufnehmen müsste, wenn eine zentrale Ost-West-Verkehrsader nur noch für Fußgänger, Radler, Busse und Taxis zur Verfügung steht.

Das beträfe vor allem die Leipziger Straße, aber auch die Ausweichroute Torstraße, Hannoversche Straße und Invalidenstraße. Inzwischen hat der Automobilclub ADAC mit dem Vorschlag, die Friedrichstraße zur Fußgängerzone zu erklären, einen Nebenkriegsschauplatz eröffnet. Bei Rot-Rot-Grün stieß er damit aber auf Granit. So bleibt es vorerst bei dem, was im Koalitionsvertrag steht: „Das Umfeld des Humboldtforums wird verkehrsberuhigt und der Straßenraum bis zum Brandenburger Tor fußgängerfreundlich umgestaltet. Dabei wird der motorisierte Individualverkehr unterbunden."

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