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Berlin: Grünes Entsetzen

Schatzmeister tauchte mit 40 000 Euro unter Parteifreunde sprechen von privaten Problemen

Hohen Neuendorf - Noch immer gibt es keine Spur von Christian Goetjes, dem verschwundenen Schatzmeister der Grünen in Brandenburg. An seinem Handy meldet sich nur die Mailbox. Es gilt als wahrscheinlich, dass der 33-Jährige aus Hohen Neuendorf (Oberhavel) mit 40 000 Euro von den Konten der Landespartei verschwunden ist. Das Entsetzen ist groß bei den Grünen. „Es war nicht zu merken, dass sich tiefe Gräben in ihm aufgerissen haben“, sagt ein politischer Weggefährte. „Mit Privatem war er immer sehr zurückhaltend.“ Allerdings berichten Mitglieder von privaten Sorgen im Jahr 2009.

Goetjes galt als engagiertes Talent mit Ambitionen. Schön früh bastelte er an seiner Karriere. Mit 18 Jahren Vorsitzender des Landesschülerrates, Mitglied in diversen Gremien, nach dem Abitur 1999 Chef der Grünen Jugend in Brandenburg, Kreisparteichef in Oberhavel, seit 2000 Schatzmeister der Landes-Grünen, später auch der Kreispartei, seit sechs Jahren Stadtverordneter in seiner Heimatstadt und gegen Rechtsextremismus aktiv. „Wenn er was gemacht hat, dann hat er es hervorragend gemacht“, sagte ein Parteifreund. „Er war immer ein sehr professioneller Politiker.“

Im vergangenen Jahr, seit dem Einzug der Grünen in den Landtag, bekam Goetjes als ehrenamtlicher Schatzmeister mehr zu tun. Plötzlich war mehr Geld in den Parteikassen, die Grünen verschärften ihre Finanzregeln. Goetjes ließ Termine platzen, kam nicht zu Vorstandssitzungen. Bei einem Krisengespräch deutete er an, dass es zeitlich für ihn eng wird. Auch als Lokalpolitiker in Hohen Neuendorf kam er immer seltener zu Sitzungen. „In den letzten Wochen gab es Unzufriedenheit, weil er seine Termine nicht eingehalten hat“, sagt ein Weggefährte. „Er hat es immer mit seinem Studium begründet.“

Dabei studiert Goetjes seit fast einem Jahr nicht mehr in Berlin Wirtschaftswissenschaften, er wurde im April exmatrikuliert, wie die Polizei inzwischen herausfand. Die Eltern haben am Dienstag eine Vermisstenanzeige gestellt, die Polizei geht dem aber nicht nach. Goetjes sei volljährig. Hinweise auf eine Gefahr für Leib und Leben bestünden nicht.

Anfang Februar hat Goetjes dem Landesvorstand seinen Rücktritt angedeutet. Am Montag wollte er diesen verkünden, hatte sogar die Übergabe der Geschäfte an die Landesvorsitzenden verabredet. Doch am Montagmorgen meldete sich Goetjes per SMS: Er komme später – es war seine letzte Nachricht. Einen Tag später entdeckte Landesparteichefin Annalena Baerbock, dass bis Montag in drei Tranchen 40 000 Euro in bar abgehoben wurden, was laut Finanzordnung verboten ist. Sie will nun bei der Bank klären, warum das Geld dennoch ausgezahlt wurde. Alexander Fröhlich

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