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GRÜNES Rathaus (11): Künast-Kolumne: Der Dschungelkönig

Was hätte Renate Künast als Regierende zu erzählen? Stefan Stuckmann erfindet ihre Briefe an die Wähler.

Liebe Berlinerinnen, liebe Berliner,

gestern hatte die Piratenfraktion zum kleinen Umtrunk eingeladen, um die Diätenerhöhung von 60 Euro zu feiern. Viele Piraten waren ja zwischenzeitlich für eine Senkung ihrer Bezüge, weil sie Angst hatten, dass ihnen sonst das Bafög gestrichen wird. Unter uns: Manchmal wünsche ich mir, ich würde mit somalischen Piraten regieren, die haben mehr Wirtschaftskompetenz. Aber feiern, das können sie, meine Freibeuter.

Wobei der eigentliche Anlass natürlich ein anderer war: Wir alle waren unglaublich neugierig, wie sich unser alter Freund Wowi im Dschungelcamp schlagen würde. Nach seiner Niederlage im letzten Herbst war es ja erschreckend still um ihn geworden, und manch einer hatte bereits Angst, dass Wowi im Stillen an der Gründung einer neuen Spaßpartei arbeitet, links von der FDP und noch weiter vorne als die Piraten. Umfragen besagen, dass solch eine Partei in Friedrichshain 70 Prozent holen könnte. Seit Dezember wissen wir, dass Wowis Pläne anders aussehen: Er will nicht Kanzler werden, nicht Parteivorsitzender, sondern Dschungelkönig. Und recht so: Ich hab ihm schon immer gesagt, er sei mehr der repräsentative Typ.

Als Andi Baum die Leinwand runtergekurbelt und den Beamer angeschmissen hat, hatte ich schon ein bisschen Gänsehaut. Klar, wer mit Niederlagen nicht umgehen kann, der darf nicht in die Politik gehen, aber so krachend aus dem Rathaus geschmissen zu werden, noch dazu von einer Frau, die so dynamisch, kompetent und durchsetzungsstark ist wie ... also, damit muss man erst mal klarkommen. Und dann die Medien: In wenigen Wochen raus aus einer politischen Führungsposition und rein in ein einsames Erdloch – logisch, dass da die Vergleiche mit Saddam und Gaddafi kommen. Klar, nachhaltige Politik haben alle drei nicht gemacht, und bei allen haben zum Schluss Autos gebrannt. Aber Wowi kann doch nichts dafür, dass er beliebter ist als kompetent!

Als die Sendung dann lief, ging es mir gleich besser: Gut sieht er aus. Er hat ein bisschen zugenommen, aber die rote Badehose steht ihm prima. Und wie er dann in der Dschungelprüfung auf Schneckenschleim zwischen den Kakerlaken herumrutscht, da fällt mir auf: So glücklich habe ich ihn lange nicht gesehen. Drei Sterne hat er für sein Team geholt. Hat er das jemals für Berlin geschafft?

Als wir später die Fraktionsräume zugesperrt haben, waren sich fast alle einig: Wowi schafft das! Nur Christopher Lauer war anderer Meinung. Er tippt auf Micaela Schäfer, weil sie „zwei bessere Argumente“ habe, wobei er mir bis zum Schluss nicht erklären konnte, was für Argumente das denn nun genau sind. Na ja, das mit der Sachpolitik müssen die bei den Piraten halt noch üben.

Bis bald, Ihre

Renate

Stefan Stuckmann

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