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Berlin: Grusel im Geheimen

Londoner Künstler zeigen neue Kino-Show Zuschauer müssen sich überraschen lassen

„Du hast deine Schwimmbrille dabei? Gut, Rekrut! Wirst sie gebrauchen können!“ bellt ein Mann im blauen Overall. In der Dircksenstraße am Alex haben sich am Donnerstagabend vor ihm 180 Menschen brav in Zweierreihen aufgereiht. Sie tragen zuvor verteilte weiße Overalls. Alle sind gekommen, um die Deutschlandpremiere eines Ereignisses mitzuerleben, das unter dem Namen „Secret Cinema“ – geheimes Kino – in London zur Veranstaltungsreihe geworden ist. Die Gäste werden dabei an einen Ort gelotst, an dem ein Film gezeigt wird. Welcher, bleibt geheim. Jeder muss allerdings etwas besonderes anziehen oder einen Gegenstand mitbringen. Vor der Aufführung wandern die Gäste durch eine Filmkulisse, in der Schauspieler auftreten und zum Mitmachen auffordern.

Schauplatz des Berliner Spektakels ist das frühere Umspannwerk Mitte. Menschen in Raumanzügen geleiten die Besucher in das Gebäude, in dem zwischenzeitlich mal ein Club residierte. Ein Raum öffnet sich, Laser zeichnen grüne Streifen ins Schwarz. Von einer Kommandozentrale mit blinkenden Displays und großen Bildschirmen herab gibt ein bärtiger Mann Befehle. „Unsere Messgeräte zeigen seltsame Werte an, Ihr müsst gehen und nachschauen!“ Nebel wabert, die Klangkulisse wirkt bedrohlich. Jemand ruft im Dunkeln nach einer Katze. „Ich glaube, wir sind im Alien“, raunt ein Besucher. Tatsächlich schleicht in diesem Augenblick eine dunkle Gestalt mit langem Schwanz an der Wand entlang – das Monster?! Die Teilnehmer lärmen ein wenig gegen den Grusel an. Der ist allgegenwärtig. In einer Höhle liegen Alien-Eier, jemand fasst in einen Glibberhaufen...

„Wir erschaffen den Film neu, erzählen eine Geschichte“, sagt Fabien Riggall, Gründer und Kreativdirektor von Secret Cinema, später. In Berlin sind 35 Schauspieler und Installationskünstler im Einsatz, haben unter anderem Kontrollpulte und einen OP-Saal mit außerirdischen Lebensformen entwickelt. Sogar 100 Künstler sind es bei den Londoner Shows.

„Die Menschen wollen Teil von etwas sein, das kein fertiges Produkt ist“, sagt Riggall. In London läuft die Show mehrmals hintereinander; bis zu 15 000 Besucher legen 30 Pfund (35 Euro) für eine Veranstaltung hin, deren Inhalt sie nicht kennen. Es zahlt sich aus, dass die Macher um den 35-jährigen Riggall auf Details achten. Beispielsweise bleibt die Originalsprache des Films erhalten. Im alienbefallenen Raumschiff reden folglich alle Englisch. „Als wir in London ,Der Himmel über Berlin‘ zeigten, sprachen alle Schauspieler Deutsch“, sagt Riggall. Viel mehr wollen er und sein Produzent Harry Ross nicht über die Show verraten, schließlich lautet das Konzept „Es ist ein Geheimnis – sag es keinem“.

Werbung brauchen die beiden keine mehr. Über Twitter und Facebook erfahren die Teilnehmer von den Veranstaltungen. Riggall will das Konzept nach dem Probelauf in Deutschland etablieren. „Berlin eignet sich besonders gut, weil es hier unglaubliche Gebäude gibt, die Stadt kosmopolitisch ist“, schwärmt er. Am 11. Februar soll die nächste Show laufen, an einem anderen Ort, der zum ausgewählten Film passt, zeitgleich mit der Show in London – und vielleicht auch einer in Moskau. Constance Frey

Weitere Informationen unter

www.secretcinema.org

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