zum Hauptinhalt

Berlin: Gucken macht auch satt

Die Grüne Woche steigt wieder in der Publikumsgunst. Doch die Besucher geben immer weniger aus

Auf den ersten Blick geht es aufwärts mit der Grünen Woche. Erstmals seit 2003 erwarten die Veranstalter wieder mehr Besucher als im Vorjahr. Bis zum Ende der Veranstaltung am heutigen Abend rechnet die Messeleitung mit rund 430 000 Besuchern, das sind etwa 25 000 mehr als 2006. Auf den zweiten Blick aber zeigt sich, dass diese wesentlich weniger spendabel sind als in den vergangenen Jahren. Ließ 2006 noch jeder Besucher durchschnittlich 99 Euro (25 für den Verzehr, 74 für Bestellungen) auf der Messe, waren es in diesem Jahr nur noch rund 88 (26 für den Verzehr und 62 für Bestellungen).

Diese Zahlen setzen einen Negativtrend fort. 2003 zählte die Landwirtschaftsmesse noch 490 000 Besucher, von denen jeder 183 Euro ausgab. Der Gesamtumsatz betrug damals rund 88 Millionen Euro. In diesem Jahr blieb der Gesamtumsatz mit rund 40 Millionen Euro konstant gegenüber dem Vorjahr.

Steigern konnte sich hingegen der Verein Berliner Tafel, der rund 14 Tonnen übriggebliebene Lebensmittel für Bedürftige einsammeln konnte – und damit 4 Tonnen mehr als 2006.

Laut Messesprecher Wolfgang Rogall wurden am Rande der diesjährigen 72. Grünen Woche „Handelsvereinbarungen in Milliardenhöhe“ geschlossen. Genaue Zahlen oder Vergleichswerte der Vorjahre konnte er jedoch nicht nennen.

Laut Messeleitung zeigten sich die 1600 Aussteller überwiegend zufrieden mit der Veranstaltung. Einige waren jedoch auch enttäuscht, wie zum Beispiel Christopher Gomez. Dabei gibt sich der Verkäufer redlich Mühe: „Eine Wundertüte für Sie?“, ruft er einer Vorbeigehenden zu und schwenkt einen Beutel mit Blumenzwiebeln. Interessiert äugt sie zu ihm hinüber. „Nur zehn Euro“, sagt er. Die Frau weicht prompt zurück.

Das genau sei die Schwierigkeit, sagt Udo Lantzsch: „Die Leute fragen nicht: Was ist das? Die interessiert nur: Ist das umsonst?“ Lantzsch steht am Stand von „Kraut und Rüben“, einem Gärtnermagazin. Ein weiteres Problem sei das Alter der Besucher: „Die Messe vergreist.“

Zwei, die das Durchschnittsalter deutlich drücken, sind Dominique Tietze und Florian Nauke, 24 und 21 Jahre alt. Sie blinzeln einander verliebt zu, mitten in der „Grünen Stadt“, einem Blumenrondell. Fünf Minuten später stehen die beiden immer noch in den Tulpen – ein kostenloses Vergnügen.

Vielleicht sind manche der vielen Angebote auf der Grünen Woche auch einfach zu speziell, um bei der breiten Masse die Kauflust anzufeuern. Neben als „frauenfreundlich und für Laien“ angepriesenen „Superschleifern“ gab es auf der Messe Heizkörperbürsten aus echtem Lammfell, Garagentore und Kettensägen. Für die hatte wenigstens der Künstler Roland Lindner Verwendung: Der sägte damit aus einer Baumwurzel einen Pferdekopf. Sehr speziell eben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false