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Berlin: Gut deutsch – und ganz international

Der siebente Band unserer Kochbuchserie „Lust auf Kochen widmet sich dem Thema „Reis und Kartoffeln“ – und Thomas Kellermann vom „Vitrum“ steuert ein Cocktailrezept bei

Wenn die deutsche Küche eine markante Grundlage hat, dann ist es zweifellos die Kartoffel, der Inbegriff der Sättigungsbeilage. Seit Friedrich der Große die aus Peru stammende Pflanze in Preußen mit wahren Propagandafeldzügen durchsetzte, hat sie sich flächendeckend ausgebreitet, ist in zahlreichen Sorten verfügbar und hat ihre Flexibilität in unzähligen Rezepten bewiesen. Die deutschen Klassiker – Salzkartoffel, Kartoffelknödel, Suppe, Bratkartoffel und Püree – haben dabei längst Gesellschaft aus anderen Ländern bekommen: Pommes frites, Gnocchi, Tortilla und Rösti. Nur im fernen Osten spielt sie keine Rolle: dort ist der Reis unangefochten das Grundnahrungsmittel. Unser Kochbuch ist beiden Themen gewidmet – und plädiert somit für friedliche Koexistenz.

Der Berliner Küchenchef, der sich für uns dieses Themas annimmt, ist alles andere als irgendein Kartoffelkoch: Thomas Kellermann vom edlen „Vitrum“ im Hotel Ritz-Carlton am Potsdamer Platz ist der diesjährige „Berliner Meisterkoch“, also der Küchenchef, der die Jury der Berlin-Partner diesmal am meisten beeindruckt hat. Dazu musste er nicht mit den in aller Welt üblichen Luxusprodukten auftrumpfen, sondern hat sich vor allem mit der liebevollen Zuneigung zu Gemüsen und vegetarischen Zubereitungen profiliert, die andernorts immer noch ein Schattendasein führen.Er bietet als einer der wenigen deutschen Topköche ausdrücklich auch ein vegetarisches Menü an, und er gestaltet es so variantenreich, dass auch versessene Fleischesser gern einen Blick über den Zaun riskieren.

Das kommt nicht von ungefähr. Der gebürtige Oberbayer hat sich in seiner Ausbildung nicht lange mit Schweinsbraten und Kraut aufgehalten, sondern zielsicher Spitzenrestaurants ausgewählt, den Ettlinger „Erbprinzen“, das Schlosshotel Friedrichsruhe und schließlich das Münchener Tantris, wo er es in vier Jahren zum Sous-Chef von Hans Haas brachte. So war es folgerichtig, dass er als Küchenchef in den neuen Berliner Tantris-Ableger „Portalis“ wechselte, der allerdings glücklos blieb. Viel besser klappt es nun für ihn im „Vitrum“, dem Gourmetrestaurant im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz, wo er sich längst als einer der tonangebenden Chefs der neuen Berliner Küche etabliert hat und als heißer Anwärter für den dringend überfälligen Michelin-Stern gilt.

Der ist für Luxusrestaurants immer besonders schwer erreichbar. Sie stehen meist für einen ganz bestimmten Küchenstil: Konzentriert auf die bekannten Luxusprodukte wie Gänseleber oder Hummer, Steinbutt und Reh, uninteressiert an Gemüse. Thomas Kellermann hat das geändert. Nein, er hat die Edelprodukte alle in der Küche, klotzt gern mit Trüffel und Kaviar, wenn das Menü danach ist – aber wer bei ihm gegessen hat, erinnert sich weniger an den vordergründigen Luxus, sondern an die filigrane Art, in der die Zutaten hier eingesetzt und variiert werden. Alle besseren Küchenchefs wollen leicht kochen und servieren dann doch Menüs, die den Gast unangenehm beschweren. Hier aber ist es kein Problem, nach vielen Gängen leicht und beschwingt aufzustehen und bedauernd auf der Karte nachzulesen, was es noch alles gegeben hätte – wie das geht, zeigt sein munterer, animierender Kartoffelcocktail mit Apfel- Sauerampfer-Sorbet, den er für dieses Buch entwickelt hat.

Das heißt freilich nicht, dass nicht auch die konservativen Gäste auf ihre Kosten kämen bei seiner ausgefeilten Küche, die ihren diskreten Luxus hinter fein ziselierten Tellergemälden versteckt. Nobel venezianisch mit Marmor und Kronleuchtern gestaltet ist das Innere des „Vitrum“, viele italienische Topgewächse zieren die Weinkarte, die unter der Aufsicht der trendbewussten jungen Sommeliere Claudia Albrecht aber längst auch exzellente und bezahlbare deutsche und österreichische Weine enthält. Und der neue Maitre Axel Braukmann ist nun auch der Richtige, um dem anfänglich etwas steifen Restaurant Leben und beiläufige Lockerheit zu geben.

Vitrum im Hotel Ritz-Carlton , Potsdamer Platz 3, Mitte, Tel. (030) 337776340, nur Abendessen, sonntags geschlossen, Reservierung notwendig.

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