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Integrationspolitik in Berlin: SPD will Ausländerbehörde umbauen

Mehr Bildung für Migrantenkinder, ein Bleiberecht für Ausgebildete – das fordert die SPD-Fraktion. Sie will auch sämtliche Kita-Beiträge abschaffen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Mit einer Bildungsoffensive wollen die Berliner Sozialdemokraten die Integration von Migranten und Flüchtlingen voranbringen. „Um für Eltern weitere Anreize zu schaffen, ihre Kinder in die Krippen zu bringen, halten wir die vollständige Abschaffung der Kita-Beiträge für sinnvoll“, beschloss die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus auf ihrer Klausurtagung in Leipzig. Bisher ist die Kitabetreuung nur in den letzten drei Jahren vor Schulbeginn gratis. Momentan liegt die Betreuungsquote bei 94 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen, aber nur bei 69 Prozent der Ein- bis unter Dreijährigen.

„Die frühkindliche Bildung ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung“, heißt es in der SPD-Resolution. Deshalb müsse vor allem die Frühförderung, also für Kinder unter drei Jahren, verbessert werden. Neben der kostenlosen Betreuung gehöre dazu, dass in sozialen Brennpunkten Berlins ausreichend Kitaplätze geschaffen werden. Der Sprachstand der Kinder solle bereits ab drei Jahren erfasst und die verpflichtende Sprachförderung aufgestockt werden.

Um die Qualität der Kitaerziehung zu verbessern, fordert die SPD-Fraktion eine „angemessene Bezahlung“ der Erzieherinnen und Erzieher und eine Senkung des Betreuungsschlüssels bei den Kindern unter drei Jahren auf den Bundesdurchschnitt. Momentan schneidet Berlin bei dieser Quote (Zahl der Kinder pro Erzieher) im Vergleich mit anderen Bundesländern schlecht ab.

Ein weiterer Vorschlag der SPD-Fraktion: Die Familienzentren in den Bezirken sollten „kontinuierlich ausgebaut“ werden. Das gelte auch für die Sprachkurse und Arbeitsangebote für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund. Zusätzlich solle der Anteil der gebundenen Ganztagsschulen erhöht werden, auch das sei für die Sprachförderung eine gute Grundlage. Ähnliches gelte für die Brennpunktschulen. Dieses Förderprogramm solle auf staatliche Berufsschulen ausgeweitet werden, heißt es im Fraktionsbeschluss. Die Sozialdemokraten würden es auch begrüßen, wenn nicht nur in öffentlichen, sondern auch in privaten Schulen Willkommensklassen eingerichtet werden für Kinder, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind.

Auch in Berlin sei die Arbeitslosigkeit unter den Migranten überdurchschnittlich hoch, gesteht die seit 25 Jahren in Berlin regierende SPD ein. Deutsch auf angemessenem Niveau zu sprechen sei der Schlüssel für eine berufliche Qualifikation. Auch deshalb sei die Sprachförderung so wichtig. Zudem müssten die Eltern stärker eingebunden werden, um ihre Kinder zu einer guten Ausbildung zu bewegen. Und Unternehmer mit Migrationshintergrund sollten davon überzeugt werden, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.

„Bildung ist die beste Integrationspolitik“, sagte auf der Klausurtagung der SPD-Fraktion der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Eric Schweitzer. Die erfolgreiche Einbindung von Migranten und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt funktioniere aber nicht ohne politische Unterstützung. Möglichst gleich nach der Ankunft in Berlin sollten die Flüchtlinge beraten, sollten ihnen Integrations- und Sprachkurse sowie Arbeitsstellen angeboten werden – „von der ersten Stunde an“. Entsprechend frühzeitig müsse es gelingen, vorhandene Berufsabschlüsse der Ausländer anzuerkennen. Alles andere sei für die Betroffenen „verschwendete Zeit“. Auch für Menschen, die später wieder ausgewiesen würden, sei dies eine gute Sache. Und für junge Auszubildende müsse in jedem Fall ein dauerhaftes Bleiberecht garantiert werden.

Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh lobte diesen „modernen, vorwärts gerichteten Ansatz“ des IHK-Präsidenten. Er bekomme für seine Positionen bundesweit große Zustimmung aus den Kammern, bestätigte der Gastredner.

Die SPD-Fraktion setzte sich in ihrer Resolution generell für „mehr Rechtssicherheit im Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltsrecht“ ein, um Integrationshemmnisse abzubauen. Einbürgerungen müssten erleichtert und der Ehegattennachzug an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit und -bereitschaft orientiert werden.

Eine besondere Härte sei die Abschiebung von Frauen, nachdem ihre Kinder volljährig seien, selbst wenn diese einen deutschen Pass hätten. Hier müsse die Ausländerbehörde neue Ermessensrichtlinien „im Sinne der Eltern“ entwickeln. Die SPD-Fraktion will dieses Amt in die Senatsverwaltung für Arbeit und Integration eingliedern, also weg von der Senatsinnenverwaltung. Außerdem solle die Behörde umbenannt werden – in „Landesamt für Einwanderung“.

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