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Berlin: Gute Musik ist mitzubringen

Werden Discjockeys bald arbeitslos? Im Fritzclub am Ostbahnhof machten Partygäste ihren eigenen Sound – der kam von ihren MP3-Playern

Wer hoch oben über der tanzenden Menge steht, hat Macht. Für ein paar Stunden, einen Abend, eine Nacht. Im besten Fall hallt der Ruhm sogar ewig nach. Der Discjockey ist der König der Nacht. Insofern war es eine majestätische Chance, die sich den Besuchern am Donnerstagabend im Fritzclub am Ostbahnhof bot. Dort wurde die erste Party für Besitzer jener Schächtelchen gefeiert, die den Inhalt einer ganzen Plattensammlung speichern – und wieder abspielen können. Jeder, der mit einem MP3- Player kam, durfte auf die große DJ-Bühne, sein Gerät an die Anlage anschließen und für eine Viertelstunde die eigene Musik abspulen. Ohne Kompromisse, ohne Rücksicht auf andere – ganz nach den persönlichen Vorlieben und Vorstellungen. In New York und London gehören die Abende mit Selbstbeteiligung des Publikums inzwischen zu den Glanzlichtern des Nachtlebens.

Felix Hofmann und Leon Behn mussten deshalb nicht lange zögern, als sie von der ersten „Fritz iParty“ – der Name kommt vom „iPod“-Player – erfuhren. Am Eingang des Clubs haben sie eine Startnummer gezogen und sich in einer Teilnehmerliste registrieren lassen. Ihr Los: Startnummer 007, Beginn 23 Uhr 45. Kurz vor ihrem Auftritt stehen sie am Bühnenrand, nehmen schon mal kritisch ihre Vorgänger ins Visier. Ob sie vor ihrem ersten Gig aufgeregt sind? „Nö, eigentlich nicht“, sagen die beiden 16-Jährigen betont gelassen. Man ahnt: Die Coolness und Abgeklärtheit des DJ-Seins beginnt bereits kurz vor der Bühne.

Währenddessen stehen Carolin Tischner und Florian Häber hinter dem Mischpult und wirken dabei, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Die beiden Zehntklässler aus Friedrichshain heizen der stampfenden Masse mit Titeln der Bands Nirvana, Linkin’ Park und Franz Ferdinand ein. Die Tanzenden jubeln, kreischen, reißen die Arme in die Luft. Dass die Übergänge zwischen den einzelnen Liedern mitunter etwas holprig sind, stört niemanden. Auf technische Perfektion kommt es an diesem Abend nicht an. Und so genießen die beiden Jung-DJs ihren ersten Auftritt. Zwischendurch, wenn Carolin einen zufriedenen Blick auf die Menge wirft, huscht ihr ein zaghaftes Lächeln über das Gesicht.

„Es ist cool, mal zu bestimmen, was die anderen Leute hören“, sagt Florian Häber nach dem Auftritt. Sie hätten ihre Lieblingsmusik gespielt und seien nun ganz überrascht, dass alle so begeistert waren. Nur wenige Minuten nach dem Auftritt, so scheint es, pendelt sich der Adrenalinspiegel allmählich wieder ein und die verlegene Schüchternheit der Schüler kommt zum Vorschein. Ob der Abend der Beginn einer DJ-Karriere ist? „Es hat viel Spaß gemacht, wir würden es schon gerne noch mal machen“, sagt Carolin Tischner.

Kurz nach zwölf ist für die Teenager der Zauber jedoch vorbei. Felix Hofmann und Leon Behn geben gerade Slipknot und Mando Diao zum Besten, als sie ihren Auftritt plötzlich beenden müssen. Ein Wachmann geleitet sie von der Bühne, die Enttäuschung über das abrupte Ende steht ihnen ins Gesicht geschrieben, als ihre Nachfolger übernehmen. Doch der Jugendschutz kennt keine Gnade – und macht erst recht keinen Halt vor angehenden DJ-Karrieren.

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