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Berlin: Guter Rat ist gratis

Die Rechtsambulanz hilft Bedürftigen, Geld zu bekommen, das ihnen zusteht. Nun ist sie in Not

Es sind Geschichten, die das Leben schreibt – wie diese: Der junge Mann hatte sich so gefreut. Fertig mit dem Studium, und endlich einen Job. Doch nach drei Monaten war immer noch kein Geld auf dem Konto, die Firma pleite. Sozialhilfe beantragte er nicht gern. Doch er bekam auch keine, weil das Amt meinte, er habe die Arbeitslosigkeit wegen einer fehlenden Krankschreibung selbst verschuldet. Widerspruch. Das sei ein Vorwand der Firma gewesen, ihn loszuwerden, schrieb der Mann. Nein, hieß es beim Sozialamt – jetzt mit der Begründung, er habe sich nicht neu beworben. Doch, antwortete er, und fügte die 25 Bewerbungen eines Monats bei. Die Behörde blieb hart. Jetzt sind mehrere Aktenordner gefüllt, und der junge Mann gibt nicht auf. Er klagt.

Das Hin und Her zwischen Amt und Bürger kennen die Mitarbeiter der Rechtsambulanz Sozialhilfe e.V.. Das ist ein Verein, bei dem sich elf zumeist jüngere Anwältinnen und Anwälte für sozial Bedürftige engagieren – und zwar ehrenamtlich. „Wohlfahrtsverbände leiten die meisten der Mandanten an uns weiter“, sagt Vereinsvorsitzender Jürgen Gosch. Die Idee, eine solche Beratung zu gründen, kam Gosch, als er vor drei Jahren von einer entsprechenden Initiative des Richters Ralf Rothkegel im Tagesspiegel las. Als sich Wohlfahrtsverbände immer mehr über Fälle beklagten, in denen staatliche Unterstützung und Beratung gegen geltendes Recht verweigert würden, war für Gosch klar: „Da müssen wir was tun.“

Im März startete der Verein. Mit dabei ist auch Anwältin Anja Weyer aus Neukölln, die die Nöte der Menschen berührt und deswegen selbst nach dem Job freiwillig hilft. Ihre Kollegen und sie haben inzwischen 150 Menschen in den kleinen, nüchternen Büros an der Residenzstraße 90 in Wedding beraten. In etwa der Hälfte der Fälle wurden die Leistungen hinterher doch gezahlt, sagt der pensionierte Anwalt Gosch. Doch das Projekt ist bedroht: „Die Caritas kann uns die Räume nicht länger gratis zur Verfügung stellen.“ Die Rechtsambulanz zieht nun in die Exerzierstraße 23, dort stellt die Stiftung „Hilfe für die Familie“ günstige Räume zur Verfügung (Internet: www.rechtsambulanz.de, Tel.: 666331143). „Doch wir müssen die Räume neu einrichten, Telefonanlage und Internetanschlüsse sowie laufend Büromaterialien bezahlen“, sagt Gosch. Das Geld dafür fehlt, und so hoffen die Anwälte auf die Spendenbereitschaft der Tagesspiegel-Leser. Auch innerhalb des Berufsstandes wolle man um Unterstützung werben, um künftig erstmals selbst Klage führen zu können. Der Verein würde sich auch freuen, wenn sich pensionierte Rechtsanwalts- und Notarsgehilfinnen melden würden, die Lust haben, das Büro ehrenamtlich zu führen. Auch Anwälte werden gesucht. Gosch: „Der Beratungsbedarf steigt wegen Hartz IV ständig.“ Deswegen soll es bald auch Fortbildungen für Sozialamtsmitarbeiter geben.

Das Telefon klingelt. Eine Hausverwaltung. Sie habe guten Kontakt zu einer Familie, der das Sozialamt die Miete nicht zahlen will – ob die Rechtsambulanz da vielleicht helfen könne.

Spendenaktion Der Tagesspiegel e.V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Ktnr. 25 00 30 942, Berliner Sparkasse, Blz. 10050000. Bitte geben Sie Namen und Anschrift an. Auch Onlinebanking ist möglich. „Menschen helfen!“ im Internet: www.tagesspiegel.de/spendenaktion.

Annette Kögel

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