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Berlin: Guter Vorsatz, kleine Schritte

Wer setzt seine neuen Ideen nach dem Jahreswechsel gleich in die Tat um? Fitnessstudios boomen, doch Antiraucherkurse sind noch kaum gebucht

Neues Jahr – neues Glück: Alle Jahre wieder nehmen sich viele Menschen vor, so einiges besser zu machen. Doch die sprichwörtlichen „guten Vorsätze“ sind eher zum Mythos geworden. Nur die wenigsten werden auf Dauer verwirklicht. In den ersten Tagen mag das anders sein, da steckt man noch voller Elan. Wie also sind die Berliner ins neue Jahr gestartet? Haben sie schon „neue Ideen in die Tat umgesetzt“, wie es ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Neujahrsansprache riet?

„So schlagartig geht das meistens nicht“, sagt Birgit Sowade von der Beratungsstelle Mitte für Menschen, die von der Zigarette loskommen wollen. Nach Silvester habe es nicht gerade „Scharen von Interessenten“ für den Kurs „Rauchfrei in zehn Schritten“ gegeben. „Vielleicht wollen die Leute erst mal selbstständig aufhören, bevor sie Hilfe in Anspruch nehmen“, vermutet Raucherentwöhnerin Anne Wilkening von der „Bundesorganisation Selbsthilfe Krebs“. Auch bei ihr hat sich seit Neujahr noch niemand zu einer Therapie angemeldet. Doch das sei normal. Die meisten Anmeldungen habe sie im Herbst, wenn es zu kalt und ungemütlich werde, draußen zu rauchen.

Wer sich hingegen mehr Kondition wünscht und sportlich fit sein will, scheint schneller in die Gänge zu kommen. „Ich habe gestaunt, wie viele Leute zum Training erschienen sind“, sagt Manfred Tscheche, Leiter des Fitnessstudios Body Shape an der Kreuzberger Hasenheide. „Die meisten Leute lassen sich einen neuen Übungsplan aufstellen und wollen voll loslegen. Das ist alljährlich so.“ Diesmal gebe es allerdings weniger Anmeldungen als vor einem Jahr. „Aber das hat eher etwas mit der schwächeren wirtschaftlichen Lage zu tun.“

So erklären auch andere ihre Umsatzflaute beim Geschäft mit den guten Vorsätzen: Gabriele Buchberger vom Schlank- und Vital-Therapiezentrum in Lichterfelde ist der Meinung, dass sich „wegen der Finanzen“ in den ersten beiden Tagen des neuen Jahres kaum jemand zum Abnehmen durch Ernährungsumstellung und homöopathische Behandlung gemeldet hat: „Im vergangenen Jahr sah das ganz anders aus.“

Doch Geldmangel kann für die guten Vorsätze auch vorteilhaft sein: Das Süßwarengeschäft Arko an der Prenzlauer Allee in Prenzlauer Berg hat seit Montag kaum Hüftgold verkauft. „Ich glaube nicht, dass das an den guten Vorsätzen liegt“, sagt Verkäuferin Josephine Müller. Vielmehr hätten die Leute kein Geld übrig für teure Pralinen. Sie selbst hält ohnehin nicht viel vom Abnehmen. „Ich sitze hier ja an der Süßigkeiten-Quelle.“

Auch Jens Blume vom Getränkemarkt an der Chemnitzer Straße in Kaulsdorf erklärt seine derzeitigen schlechten Geschäfte bei alkoholischen Getränken eher nüchtern. Die Leute seien nicht einem Vorsatz getreu abstinent. „Die haben vielmehr alle noch genügend Vorräte zu Hause.“ Gesundes Mineralwasser habe er im übrigen seit Montag auch nicht massenweise verkauft.

Und wie sieht es bei den Sprachenschulen aus? Bei „Inlingua“ melden sich derzeit sehr viele Interessenten für neue Kurse an, sagt Marion Brackmann von der Sprachenschule. Aber das liege wohl eher daran, „dass unsere neuen Kurse jetzt beginnen.“

Am besten läuft das Geschäft mit den guten Vorsätzen im Kulturkaufhaus Dussmann an der Friedrichstraße: „Das wird 2006“ steht über einem besonderen Tisch mit Ratgebern für alle, die gerade jetzt ihr Leben verändern wollen. Und einige davon gehen „weg wie verrückt“, erzählt Dussmann-Sprecherin Bianca Krömer. Besonders erstaunlich finde sie den reißenden Absatz von Karriereratgebern. Aber auch „Lieber schlampig glücklich als ordentlich gestresst“ verkaufe sich sehr gut. Sie selbst hat sich vorgenommen, etwas sportlicher zu werden. Ins Fitnessstudio hat sie es aber noch nicht geschafft. Vielleicht war auch ihr die Karriereplanung wichtiger.

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