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Berlin: Haft nach Unfall: Todesfahrt mit "geerbtem Führerschein"

Als sie die Straße betrat, war kein Auto zu sehen. Sie sei "gut zu Fuß" gewesen, sagte ein Zeuge.

Als sie die Straße betrat, war kein Auto zu sehen. Sie sei "gut zu Fuß" gewesen, sagte ein Zeuge. Doch die 79-jährige Luzie M., die mit ihrem Einkaufs-Rolly unterwegs war, kam nur bis zur Mitte der Fahrbahn. BMW-Fahrer Klaus-Dieter M. hatte die Fußgängerin zu spät bemerkt. "Er hätte sie sehen müssen, er fuhr sie einfach um", erklärte gestern ein Augenzeuge vor dem Verkehrsgericht. Dort musste sich der 53-jährige Kundendienstmonteur M. wegen fahrlässiger Tötung, Fahrens ohne Führerschein und Urkundenfälschung verantworten.

Mit Klaus-Dieter M. saß ein Autofahrer auf der Angeklagebank, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Vor etwa zehn Jahren war ihm der Führerschein nach einer Trunkenheitfahrt entzogen worden. "Aus beruflichen Gründen habe ich den meines verstorbenen Vaters benutzt", gab der Monteur im Prozess zu. Er wechselte das Foto und fälschte das Geburtsdatum. Damit setzte er sich tagtäglich am Steuer, fuhr zur Arbeit und auch sonst überall hin.

Passiert war bis zum Tod der alten Dame in der Lise-Meitner-Straße in Charlottenburg nichts. In seiner Gerichtsverhandlung zeigte sich der Angeklagte kühl und genervt. Busse hätten am Vormittag des 27. März vergangenen Jahres an der Endhaltestelle der Linie 126 gestanden. "Eine Person trat auf die Straße, ich bremste, erfasste sie leider, der Rest steht im Protokoll", fasste sich M. kurz. Er und seine Frau hätten sich dann um die Verletzte gekümmert, gegenüber der Polizei wies sich der Zehlendorfer wieder mit dem Führerschein seines Vaters aus und fuhr dann nach Hause. Er habe sich "natürlich" in der Lage gefühlt, sich nach dem Vorfall wieder ans Steuer seines Autos zu setzen. Luzie M. starb wenige Stunden später im Krankenhaus.

Aus Sicht eines Gutachters reagierte M. "eindeutig zu spät". Aus einer Entfernung von etwa vierzig Metern, spätestens aber aus dreißig Metern hätte der Fahrer die Frau sehen müssen. Auf Grund "absoluter Unaufmerksamkeit" habe Klaus-Dieter M. die Rentnerin nicht gesehen, hieß es schließlich im Urteil. Den vermeidbaren Unfall und das Fahren mit dem gefälschten Führerschein wertete das Gericht als ein so grobes Fehlverhalten, dass eine Bewährungsstrafe nicht mehr zugebilligt werden konnte. Gegen Klaus-Dieter M. wurde eine Haftstrafe von achtzehn Monaten verhängt. Der Richter empfahl dem Angeklagten, der noch keine Vorstrafen aufzuweisen hat, über ein Grandengesuch eine Milderung der Strafe zu erwirken.

Kerstin Gehrke

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