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Berlin: Haftbefehl gegen U-Bahn-Schubser

Richter wirft 32-jährigem Spätaussiedler versuchten Mord vor. Das Opfer ist aus dem Koma erwacht

Alles Leugnen hilft nichts. Die Polizei ist fest davon überzeugt: Sie hat den U-Bahn- Schubser gefasst. Gegen den Deutsch-Kasachen Waldemar O. wurde gestern Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen. Der 32-Jährige bestreitet, am Montagabend im U-Bahnhof Zwickauer Damm den 22-jährigen Thiemo K. vor eine einfahrende U-Bahn gestoßen zu haben. „Es gibt aber keinen Zweifel, dass er es war“, sagt Chefermittler Lutz Wieczorek. Das Opfer aus Neukölln erlitt schwere Verletzungen an Kopf und Körper. Ein Bein musste ihm amputiert werden.

Der mutmaßliche Täter kam vor fünf Jahren aus Kasachstan als Spätaussiedler nach Berlin – und begann sofort eine kriminelle Karriere. Der Polizei ist er wegen einer Vielzahl von Gewalttaten bekannt. Ein Mal sei er wegen Körperverletzung verurteilt worden, hieß es gestern bei der Kripo. Die Straftaten richteten sich sowohl gegen Bekannte als auch gegen völlig Fremde. Wie berichtet, hatten sich der 2,08 Meter große und kräftige Kasache und der 22-Jährige aus Altglienicke vor der Tat noch nie zuvor gesehen.

In seinen Vernehmungen am Dienstag und Mittwoch behauptete der Verdächtige, zur Tatzeit nicht im Bahnhof gewesen zu sein. Sonst aber sei der Bahnsteig mit dem Kiosk, der Alkohol verkauft, sein „zweites Zuhause gewesen“. Der Kasache verärgerte die Kripo mit weiteren Lügen. So will er in der Nacht von Montag zu Dienstag in seiner Wohnung gewesen sein, berichtet Wieczorek. Da Waldemar O. noch am Montagabend durch die präzise Aussage einer Zeugin namentlich identifiziert werden konnte, observierte die Kripo die kleine Wohnung des Kasachen am Feuchtwangerweg, in der Nähe des Tatortes. Nachdem Waldemar nicht nach Hause gekommen war, brach die Polizei in der Nacht die Wohnung auf. Wo er tatsächlich war in jener Nacht, sagte er nicht. Zwölf Stunden nach der Tat sah ihn die Zeugin in dem Bahnhof wieder. Sie alarmierte die Polizei, die den Mann festnahm.

Ob der Mann Alkoholiker sei, müsse ein Gutachten klären, hieß es gestern bei der Polizei . Die Ermittler halten den 32-Jährigen für voll zurechnungsfähig – im Gegensatz zu den anderen Tätern, die im Dezember 2001 und August 2002 Fremde vor die U-Bahn gestoßen hatten. Beide sitzen jetzt in der geschlossenen Psychiatrie. Die Opfer überlebten die Attacken, die jeweils unvermittelt kamen.

Thiemo K. erwachte gestern aus dem Koma. „Er muss jetzt realisieren, dass sein Leben zerstört ist“, sagte ein Ermittler. Um ihn zu schonen, verzichtete die Kripo auf eine Befragung. „Wenn eine U-Bahn einfährt, schaue ich auch immer, ob jemand hinter mir steht“, sagt ein Ermittler. Ihn lässt der Anblick der Opfer nicht los .

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