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Haftkrankenhaus Moabit: Selbstbedienung in Knast-Apotheke

In der Apotheke des Gefängnisses Moabit müssen sehr vorteilhafte Zustände für Mitarbeiter geherrscht haben. Nun fordern alle Oppositionsparteien eine Aufklärung der Affäre.

Berlin - Nach einem Bericht des RBB-Politmagazins "Klartext" sollen Gefängnismitarbeiter in großen Mengen Medikamente unterschlagen haben. Es stünden schwer wiegende Vorwürfe im Raum, die "schonungslos und schnell aufgeklärt" werden müssten, sagte der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sven Rissmann.

Die Fraktionen von Union und FPD wollen die Vorwürfe bei der nächsten Sitzung des Rechtsauschusses auf die Tagesordnung setzen. Die Grünen planen, von der Justizsenatorin bereits zur Plenarsitzung am 1. Februar Rechenschaft zu verlangen. Die Senatsjustizverwaltung betonte, dass die Verdachtsfälle sehr ernst genommen und geprüft würden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben schon seit Herbst 2006 von Amts wegen gegen fünf Tatverdächtige. Der Vorwurf lautet auf Untreue und Unterschlagung.

Groß angelegtes Unterschlagungssystem

Das RBB-Politmagazin "Klartext" hatte am Mittwoch berichtet, dass Gefängnismitarbeiter sich im großen Stil aus der Apotheke des Haftkrankenhauses selbst bedient oder Bestellungen aufgegeben hätten, die von einem Arzt gegengezeichnet worden seien. Auch die Medikamentenwünsche von Wärtern und bereits pensionierten Angestellten seien erfüllt worden. Dem Magazin zufolge wurden nach einer internen Befragung zwei Verdächtige beurlaubt, die übrigen sind weiter im Dienst.

Rissmann betonte, die Justizsenatorin sei in der Pflicht, Rechtstreue bei ihren Untergebenen durchzusetzen. Sollten die Vorwürfe zutreffen, seien diejenigen, die Straftäter zu beaufsichtigen hätten, selbst zu Straftätern geworden. Dies sei ein unhaltbarer Zustand.

Warum fielen die hohen Rechnungen nicht auf?

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Dirk Behrendt, nannte es erstaunlich, dass es über Jahre offenbar niemandem in der Senatsverwaltung aufgefallen sei, dass für die Justizvollzugsanstalt Moabit "weit überzogene Medikamentenrechnungen zu zahlen" gewesen seien. Nun müsse geklärt werden, ob und welche Maßnahmen ergriffen wurden, nachdem bereits 2002 Medikamente verschwunden waren. Behrendt verlangte auch Informationen darüber, weshalb die Anstaltsleitung die Vorfälle erst nach einem Monat bei der Polizei gemeldet hatte.

Der Rechtsexperte der FDP-Fraktion, Sebastian Kluckert, betonte, die Justizsenatorin werde zu erklären haben, wieso über Jahre die Apotheke der Haftanstalt unbemerkt als "Selbstbedienungsladen für Justizangestellte" fungieren konnte.

Verwaltung: Vorfall wird untersucht

Die Sprecherin der Senatsjustizverwaltung, Juliane Baer-Henney, unterstrich, dass unter anderem umgehend organisatorische Änderungen bei der Bestellung von Medikamenten vorgenommen wurden, nachdem der Anstaltsleiter die Senatsjustizverwaltung im Herbst 2006 über den Verdachtsfall informiert hätte. Ihren Angaben nach hat der Anstaltsleiter nach einem Anfangsverdacht zuerst hausinterne Ermittlungen eingeleitet. Nachdem sich der Verdacht erhärtet habe, seien Polizei sowie Justiz sofort benachrichtigt worden. (Von Mirko Hertrich, ddp)

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