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Berlin: Halbstadt mit Doppelpunkt

Die Stiftung Stadtmuseum bereitet die Ausstellung „West : Berlin“ vor. Ab November soll sie zu sehen sein.

West-Berlin, Westberlin, selbstständige politische Einheit, Insel der Freiheit – lauter Begriffe für die seltsame Halbstadt, die von 1961 bis 1989 durch ihre Lage innerhalb der Mauer definiert wurde, zuvor schon durch die drei Westsektoren. Obwohl faktisch spätestens seit der deutschen Einheit abgeschafft, hat sie ihre Position als geistig-moralisches Unikum und Fluchtpunkt nostalgischer Gefühle behauptet: Noch immer gibt es Berliner, die stolz darauf sind, nie über die Friedrichstraße hinausgekommen zu sein, und das in beiden Richtungen.

Das 25. Jubiläum der Wende bietet sich also zur Bestandsaufnahme an: Wie ist West-Berlin zu dem geworden, was da heute noch so laut nachhallt? Die Stiftung Stadtmuseum nimmt derzeit einen gewichtigen Anlauf auf das Thema. Das führt zu einer großen Ausstellung, die am 14. November beginnt und dann ein gutes halbes Jahr laufen soll. Die Kuratoren Julia M. Novak und Thomas Beutelschmidt haben sich der alten, noch immer nicht ganz ausgestandenen Debatte über die richtige Schreibweise des Ausstellungsobjekts salomonisch per Doppelpunkt entzogen: „West : Berlin“ heißt es mehrdeutig mit dem Untertitel „Eine Insel auf der Suche nach Festland“.

Dass der dafür vorgesehene Ort, das Ephraim-Palais, im alten Osten liegt, ist ein Schönheitsfehler, der sich allerdings leicht damit erklären lässt, dass die Stiftung im alten Westen keine passenden Gebäude besitzt. Aber auch in diesem Palais steckt ein Stück West-Berlin, denn dessen Fassadenteile lagerten nach einer Teildemontage in Wedding, bis sie 1987 zur Rekonstruktion des Nikolaiviertels vom Senat zurückgegeben wurden.

Sogar das Plakat ist schon fertig: Es zeigt Schloss Charlottenburg und die Neue Nationalgalerie, jeweils gespiegelt in den Sonnenbrillengläsern einer Schönen im Sixties-Stil. Leitmotiv der Schau soll der Begriff „Freiheit“ sein, der das demokratische Selbstverständnis der Halbstadt zu erfassen versucht. Man will die internationale Ausstrahlung West-Berlins mit seiner andererseits notorischen provinziellen Enge konfrontieren, will sich der Schickeria ebenso widmen wie dem Alltag der Teilung, den grotesken Besonderheiten des Transitverkehrs, der hochsubventionierten Wirtschaft und der Filzokratie. Dazu gibt es einen Fotoaufruf: Bilder, die einen erkennbaren Bezug zu West-Berlin besitzen, können digitalisiert und mit Erläuterungen an westberlin@stadtmuseum.de geschickt werden.

Gewissermaßen als Vorprogramm wird die Stiftung ab 21.März im EphraimPalais die Ausstellung „Himmel, Berlin!“ zeigen: Gemälde von Matthias Koeppel, der die Entwicklung West-Berlins als ironischer Chronist begleitet hat. Im Mai folgen Fotografien von Max Missmann und Jochen Wermann: Der eine gehört zu den wichtigsten Berlin-Fotografen der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts; der andere hat die alten Motive hundert Jahre später mit identischem Blickwinkel noch einmal aufgenommen.

Begonnen wird das Ausstellungsjahr 2014 im Ephraim-Palais aber am 28.Februar mit einer geografisch-politisch neutralen Ausstellung: „Unser Schadow“ anlässlich des 250. Geburtstags des Schöpfers der Quadriga.

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