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Berlin: Handwerker in der Krise: Berliner Baufirmen beklagen miserable Zahlungsmoral

Mauern verputzt, Fenster gemalert - Zeit für die Rechnung. Eine einfache Kalkulation.

Mauern verputzt, Fenster gemalert - Zeit für die Rechnung. Eine einfache Kalkulation. Doch oft geht sie nicht auf. Immer häufiger müssen Handwerker in Berlin um Geld kämpfen, das ihnen zusteht. Auftraggeber zahlen verspätet oder gar nicht. Mittelständische Betriebe stehen vor dem Ruin. Dreiviertel aller Mitgliedsfirmen der Handwerkskammer klagten zu Beginn dieses Jahres über säumige Bauherren, jeder zweite dieser Betrieb verlor dadurch einen Großteil seiner Gewinne. "Die Zahlungsmoral ist miserabel", sagen Branchenkenner. Eine Entwicklung, die sich in Berlin zuspitzt.

Den gesamten Seitenflügel eines Weddinger Altbaus hatte die in Tempelhof ansässige "Komplett-Bau GmbH" im Sommer 2000 neu gemauert. Der Auftraggeber, sagt Firmenchef Matthias Lüdecke, "war des Lobes voll". Doch kaum hatten die Maurer den letzten Stein gesetzt, wechselte er die Strategie. Plötzlich sahen die neuen Wände "schwammig" aus - laut Lüdecke ein vorgeschobener Grund. Zwei Jahre stritt die Firma vor Gericht, dann gab es einen Vergleich. Lüdecke verlor knapp 50 000 Mark.

"Solche Verluste sind für kleinere Betriebe existenzgefährdend", sagt der Geschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau, Rolf Sterzel. Rund 6000 klassische mittelständische Baubetriebe gibt es nach seinen Angaben in Berlin und Brandenburg. Durchschnittlich 600 von ihnen melden alljährlich Insolvenz an. Die Gründe sind höchst unterschiedlich und werden nicht systematisch abgefragt, doch Branchenkenner gehen davon aus, dass mindestens zehn Prozent dieser Firmen an erdrückenden Außenständen kaputt gehen. Ihre Kapitaldecke ist dünn und der Grundbesitz dürftig, weshalb die Banken keine zusätzlichen Kredite als Notanker geben. Hinzu kommt die mörderische Konkurrenz. Lukrative Aufträge sind rar, die Auftraggeber dadurch stärker denn je. Das motiviert zusätzlich, die Handwerkszunft aufs Kreuz zu legen. Die Schlimmsten sind aus Sicht der Innungssprecher vor allem größere private Bauträger. Städtische Wohnungsbaugesellschaften, Bezirksämter und Senatsverwaltungen bekamen bisher gleichfalls schlechte Noten, doch inzwischen sind sie "auf dem Weg der Besserung" und bevorzugte Partner am Bau, sagt der Geschäftsführer der Handwerkskammer, Bernd Babel.

Wie lassen sich die Forderungen der Handwerker absichern? "Justitia muss sich sputen", sagt Kammerchef Bernd Babel und erzählt von "endlosen Auseinandersetzungen vor Gericht". Oft sei ein Betrieb pleite, bevor er zu seinem Recht kommt. Aus Sicht der Kammer wären es hilfreich, den Handwerkern ihre Eigentumsrechte auf eingebaute Materialien zu sichern, bis die letzte Rechnung bezahlt ist. Auch vorgeschriebene Bankbürgschaften stehen auf dem Wunschzettel. Zumindest für größere Einsätze müssten sie gewährt werden, bevor ein Bautrupp anrückt. Bisher handeln dies nur wenige Handwerker aus. Die Kammer weiß warum: "Es will doch keiner seinen möglichen Auftraggeber verprellen."

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