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Hard Rock Café: Entstaubte Rockergruft

Das Hard Rock Café will nicht nur bei Touristen beliebt sein und zieht um. Das Burgerlokal öffnet am Ku’damm – die erste Gitarre hängt schon.

Ins Hard Rock Café gehen ist wie verreisen mit Interrail: unglaublich cool in den Achtzigern und Anfang der Neunziger, als es polyglott und schwer angesagt war, T-Shirts mit dem Hard-Rock-Logo zu sammeln und seinen Burger vor Rockstarsouvenirs zu mampfen, und inzwischen macht es keiner mehr. Na ja, keiner bis auf die Busladung spanischer Schüler, die sich am Merchandising-Stand des Hard Rock Cafés in der Meinekestraße mit Andenken eindecken. Essen wollen sie aber nicht. Drinnen im Restaurant übersteigt die Kellnerzahl deutlich die der Kunden. Hier sitzen ein paar Touristen und einige ergraute Berliner Burgerfreunde, denen sich die Leidenschaft für amerikanische Küche in Form von Jahresringen um die Hüften gelegt hat.

„Mehr Lebensfreude, mehr Lebensfreude!“ mahnen die schwarz gekleideten Kellnerinnen, deren bammelnde Namenschilder lässig aussehen sollen wie Backstage-Pässe. Hier an der Ecke Kurfürstendamm wird zwischen genervten Bauarbeitern der neue Standort des vor 18 Jahren in Berlin eröffneten, ersten deutschen Hard Rock Cafés gezeigt. Bis zum 25. April ist in der schläfrigen Meinekestraße noch holzvertäfelter Rockhöhlendinnerbetrieb unter Rolling-Stones-Autogrammen und The-Who-Postern. Und ab dem 26. soll dann der neue lichte Fensterplatz in der ersten Reihe, am Ku’damm, frischen Wind in die angestaubte Kultmarke bringen. Zur Party zwei Tage später kommt Amy MacDonald. Und von The Cure hängt schon eine Gitarre bei den Toiletten. Auch Will.I.Am von den Black Eyed Peas und Peter Fox haben für das Café ihre Bühnenklamotten ausgezogen.

Teil der weltweit größten Sammlung von Rock- und Popmemorabilia, die die mehr als 70 000 Stücke umfassende Sammlung des weltweit 160 Niederlassungen umfassenden Hard-Rock-Konzerns ist, will auch die örtliche Hip-Hop- Szene sein. Die Jungs von Culcha Candela speisen vor laufenden Kameras einen schönen Strampelanzug ein. Selbst entworfenes Bühnenoutfit sei das, sagt Musiker Reedoo, der auch schon länger keine Hard-Rock-Shirts mehr auf der Straße gesehen hat. Eine Ehre sei es trotzdem, sich hier zu verewigen, findet er. So wie die große Griechin Nana Mouskouri, die bei der Eröffnung 1992 sogar ihre berühmte Brille stiftete, obwohl sie gar keine Rocksongs singt.

Das dollste Rocksouvenir des Erstbesichtigungstages bringt der schick verwitterte Uwe Hassbecker von Silly mit: eine rote Ibanez Roadster, die er seit 1983 besitzt und schon bei Stern Meißen gespielt hat. Noch nie hat er eine Gitarre weggegeben, sagt er, aber nun mache er das für die Ehre. Und dann erzählt er noch, dass Silly 1990 mal im Hard Rock Café in Chicago spielte und dort mit einem Mauerbrocken in Plexiglas verewigt ist. Die balkongesäumten, hellen Räume am Ku’damm gefallen ihm: „Hard Rock abzustauben ist ein Zeichen, dass der Rock’n’Roll nicht tot ist.“

Kleiner hat es auch Rita Gilligan nicht. Die Lady in der mit Hard- Rock-Pins gespickten Schwesterntracht ist die Feelgood-Wuchtbrumme des seit 2006 den Indianern vom geschäftstüchtigen Stamm der Seminolen gehörenden Konzerns. Gilligan hat 1971 vom ersten Tag an im Londoner Café gekellnert, als das von zwei amerikanischen Hippies gegründete Hard Rock Café noch Inbegriff für Klassengrenzen sprengendes, hippes Essen mit den Fingern war und die Beatles, Eric Clapton, die Stones oder Elton John Stammgäste wurden. Ohne Punkt und Komma erzählt Gilligan von Küsschen mit Robbie Williams oder George Michael, von Lady Di, Madonna, dem Lieblingsbier von Paul McCartney, dem Orden, den die Queen ihr verliehen hat, und vor allem von der Hard-Rock- Philosophie, die in blanken Lettern über dem alten wie dem neuen Tresen steht: „Love all, serve all“. Althippieseligkeit und All-American-Gastromaschine in einem.

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